Freitag, 31. August 2012

Mr. Deeds geht in die Stadt [1936]

MR. DEEDS GOES TO TOWN


"Mr. Deeds geht in die Stadt" ist ein weiteres Werk von Frank Capra, mit dem er das in den 30er Jahren beliebte Genre der Screwballkomödie begründete. 
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Ein reicher Mann verstirbt bei einem Autounfall und hinterlässt 20 Millionen Dollar, zur Zeit der Weltwirtschaftskrise eine unbeschreibliche Summe Geld. Schnell wird ein Erbe ausfindig gemacht: Sein Neffe aus der Provinz, ein naiver und kindlicher Mann namens Longfellow Deeds. Cedar, ein korrupter Anwalt, hofft, dass ihm leichtgläubige Deeds das ganze Geld in die Hände legt. Doch damit hat er falsch gedacht, denn Mr. Deeds ist nicht so dumm, wie er auf den ersten Blick aussieht.
Dies ändert nichts daran, dass er stets versucht, das Gute im Menschen zu sehen und es nicht verstehen kann, dass sich Mitmenschen einander verletzen. Die Reporterin Babe Bennet nutzt seine gute Seele aus, um ordentlich Schlagzeilen mit dem "Cinderella Man" zu machen und Mr. Deeds vor der ganzen Stadt zu verspotten. 
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Und als Mr. Deeds feststellt, dass ihm der Reichtum nicht gut tut und sein Leben davor besser verlief, beschließt er, sein Geld in Form von etwas Land und Saatgut zu schenken. Daraufhin wird er von Cedar für unzurechnungsfähig erklärt und muss sich einen erniedrigenden Prozess vor Gericht für seine liebenswerten Macken verantworten.
Leider finde ich, dass der Film nicht viele Screwball-Merkmale aufweist. Zwar gibt es eine Frau, hier eine Femme Fatale, die ihn vor der Öffentlichkeit lächerlich macht, aber sich schlussendlich in ihn verliebt und ihn verteidigt, aber für ihre Liebe nicht viel Raum gelassen wird. Ihre Dialoge sind bestenfalls gewöhnlich, kein besonderer Humor, keine Wortgefechte. Man hat nie das Gefühl, dass sie wirklich ineinander verliebt sind; man sieht nur Mr. Deeds' Obsession für sie. 
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Dafür ist die Gerichtsverhandlung am Ende ein kleiner Höhepunkt; der Gegner, der Mr. Deeds um jeden Preis für unzurechnungsfähig erklären und als verrückt darstellen will, und ein am Boden zerstörter Mr. Deeds, der nicht den Willen aufbringen kann, sich zu verteidigen. Doch durch den erregenden Einspruch von Babe, dass er sich verteidigen soll und dass sie ihn liebe, kontert er - sehr erfolgreich.
Die Art, wie Gary Cooper den scheinheiligen Mr. Deeds verkörpert, fand ich sehr gelungen, ein unkomplizierter und doch liebenswerter Mann, der einen schlechten Eindruck von der großen weiten Welt vermittelt bekommt. Jean Arthur fand ich lediglich okay, da sie durch ihre Intrigen ziemlich nervte.

6 / 10 Punkte

Mittwoch, 29. August 2012

Es geschah in einer Nacht [1934]

IT HAPPENED ONE NIGHT


Als die Darsteller damals den Dreh beendeten, waren sie sich einig, dass der Film ein Misserfolg werden würde. Die Hauptdarsteller Clark Gable und Claudette Colbert spielten eigentlich nur gezwungenermaßen mit, dementsprechend unmotiviert und lustlos waren sie beim Dreh.
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Wie dabei aber ein so guter Film herauskommen konnte, bleibt mir ein Rätsel. Man merkt rein gar nichts von dieser Lustlosigkeit; Gable und Colbert harmonieren perfekt miteinander, so als ob sie schon seit Jahren nichts anderes tun würden. Die Dialoge sind flott, der Sarkasmus bissig, das Zusammenspiel einfach stimmig. Es macht wirklich großen Spaß, den beiden auf ihrem legendären Roadtrip zuzuschauen und mitzuerleben, wie sie sich zanken, näherkommen und schließlich ineinander verlieben.
Ihr Liebesgeständnis in dem letzten Hotel war zwar zu erwarten, da alle Zeichen darauf deuteten, aber für heutige Verhältnisse ging es mir doch etwas zu schnell. Die beiden haben sich ja noch nicht einmal geküsst! Okay, als sie in der wilden Natur übernachten mussten, hätte es fast einen Kuss gegeben, aber schließlich wurde der Film in den 30er Jahren gedreht. Aber auch ohne Kuss wirkt es glaubwürdig und ganz kurz denkt man, dass er sie küssen wird und es am Ende ein Happy End gibt. 
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Leider muss man sich bis dahin noch etwas gedulden, denn natürlich kommen Männchen und Weibchen erst nach weiteren Hürden und Wirrungen zusammen - wobei ich mir ein besseres Happy End gewünscht hätte, ein kitschiges mit einer innigen Umarmung am Schluss. Aber die Andeutung ist auch sehr gelungen.
Hervorheben möchte ich noch die "Wall of Jerico", die eine tolle Idee war, die Intimität der beiden so stark zum Ausdruck zu bringen, wobei sie sich doch nicht einmal gegenseitig unbekleidet sahen. Man merkt ständig diese sexuelle Spannung, stets unterdrückt, aber doch vorhanden. 
Fazit: Der Vorreiter der Screwballkomödien der 30er und 40er Jahren, Gable als Gentleman und Colbert als verwöhnte Frau sind wirklich ein Genuss, ihre Schlagabtausche legendär.

9 / 10 Punkte 

The Messenger - Die letzte Nachricht [2009]

THE MESSENGER


Will Montgomery ist ein junger Mann, der aus dem Irakkrieg zurückkommt und die restlichen drei Monate seiner Dienstzeit einen unangenehmen Dienst verrichten muss. Gemeinsam mit dem gestandenen Tony Stone wird er beauftragt, die Hinterbliebenen von verstorbenen Soldaten im Irak vom Tod ihrer Lieben zu benachrichtigen. Eine schreckliche Arbeit, denn jeder nimmt den Tod des Kindes oder des Ehepartners anders auf; ein Mann schmeißt ihnen sogar Dinge nicht, eine Frau vertreibt sie in ihrer Trauer aus ihrer Wohnung. Man merkt es Will an, dass es alles andere als leicht für ihn ist. Dieser Gemütszustand wird sehr gut übermittelt, da man in diesen Szenen ausschließlich Wills Gesicht sieht: Seine starre Miene, die jedoch alles sagt, was in ihm vorgeht. 
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Ich würde jetzt gerne sagen, dass mich dieser Film restlos begeistert hat, dass er einer der besten Filme des Jahres 2009 ist oder dass ich mich ob der Schauspielleistung nie gelangweilt fühlte. 
Aber leider ist dem nicht so. Der Film ist allgemein sehr ruhig gehalten, da fast alles auf die Mimiken und Dialoge der Darsteller aufgebaut ist. So sind Längen keine Seltenheit, im Gegenteil sogar. Die "Liebesgeschichte" mit Olivia zum Beispiel, die eigentlich keine ist, besteht nur aus Längen, da ich diesen Abschnitt ziemlich unnötig für den weiteren Verlauf fand.
Wirklich hervorzuheben sind da nur die Hauptdarsteller (Ben Foster, auch wenn Will ein ziemlich unsympathischer Zeitgenosse ist; und ein überragender Woody Harrelson) und Steve Buscemi als verletzter und zorniger Vater, der wenigstens den Anstand besitzt, sich bei Will zu entschuldigen.

5 / 10 Punkte
 

Platoon [1986]

PLATOON


"Platoon" ist wohl der bekannteste Vietnamkriegsfilm aller Zeiten, der 1986 einen immensen Erfolg sowohl für Regisseur Oliver Stone als auch für Hauptdarsteller Charlie Sheen darstellte (auch wenn er im Gegensatz zu zwei seiner Kollegen nicht für einen Oscar nominiert wurde). Ein idealistischer junger Mann, der das College satt hat, meldet sich freiwillig zum Dienst in Vietnam und muss dort feststellen, dass in Vietnam nichts so ist, wie es zuhause schien. Kameradschaft ist anfangs praktisch nicht vorhanden, Neuankömmlinge sind nur Kanonenfutter und werden erst respektiert, wenn sie sich im Kampf bewiesen haben. Wir sehen, was der Schrecken des Krieges aus den Männern macht; entweder sie dröhnen sich mit Drogen und Alkohol zu, um der schrecklichen Realität zu entfliehen, oder sie verlieren jede Moral und morden und vergewaltigen mutwillig. 
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Doch der Film ist viel weniger eine Charakterstudie als ein beängstigend realistischer Film über einen unnötig langen und brutalen Krieg, den der Regisseur Oliver Stone selbst miterlebt hat. "Platoon" und seine zwei anderen Vietnamkriegsfilme ("Geboren am 4. Juli" und "Zwischen Himmel und Hölle") sind wohl seine eigene Art, das Erlebte aufzuarbeiten. Lobenswert ist die Kameraführung, die sich besonders in den Szenen im Dschungel hervortut, da sie sich ständig im Kreis dreht und man so nie vorhersehen kann, aus welchem Busch der nächste Vietcong springt. Die Kampfszenen sind gut, da zum Glück keine allzu hektischen Schnitte eingesetzt wurden. Und überhaupt hat man ständig das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein und einen einmaligen Einblick in den wahren Krieg zu bekommen: Nicht den Krieg gegen die Vietcong, sondern den Krieg gegen sich selbst.

7 / 10 Punkte

 

Dienstag, 28. August 2012

Ist das Leben nicht schön? [1946]

IT'S A WONDERFUL LIFE


Als der Film 1946 erschien, war er alles andere als eine kommerziell erfolgreiche Produktion. An den Kinokassen blieb er weitgehend unbeachtet und bei den Oscarverleihungen 1947 für fünf Oscars nominiert, darunter Bester Film und Bester Hauptdarsteller - aber auch hier ging er leer aus und blieb bis in die 80er Jahre unbeachtet - als das Copyright auslief und so zum großen Publikumsliebling zur Weihnachtszeit avancierte. 
 
Irgendwo hab ich einmal gelesen, dass "Ist das Leben nicht schön?" nur zur Weihnachtszeit seinen unvergleichlichen Charme entfalten kann und zu jeder anderen Jahreszeit nur eine nett anzusehende Screwballkomödie mit einer großen Portion Dramatik ist. Für mich absolut unverständlich. Auch mit 30 Grad Außentemperatur Ende August durfte ich diesen Zauber wahrnehmen, was bisher kein Film aus der Hollywoodära bei mir geschafft hat.
Wahrscheinlich weiß eh schon jeder, worum es geht, aber ich gebe trotzdem eine kleine Zusammenfassung ab: Die Hauptfigur George Bailey beschließt ausgerechnet an Heiligabend, von einer Brücke zu springen und sich so das Leben zu nehmen. Die Menschen des beschaulichen Ortes Bedford Falls beten für George und so kommt es, dass sich zwei Galaxien darüber unterhalten, was zu unternehmen ist. Sie kommen zu dem Schluss, den einzigen diensthabenden Engel namens Clarence, der seine Flügel erst noch verdienen muss, einzuspannen und so George vor dem Tod zu retten. Doch vorher muss Clarence erst alle wichtigen Dinge über George wissen, und da fängt der eigentliche Film auch an. 
George Bailey war schon immer ein Freigeist, dem sein Job in der Bank seines Vaters zu langweilig und das Städtchen Bedford Falls zu klein geworden ist. Er will verreisen, die Welt sehen, studieren und so zu Geld kommen. Doch immer wieder, sei es durch den Tod seines Vaters oder leere Versprechen seines kleinen Bruders, den Chefposten zu übernehmen, wird er durch die Pflicht an die Bank und an Bedford Falls gebunden. Er heiratet, bekommt Kinder, wird aber trotzdem nie ganz glücklich. Und als seine Bank dank seines Konkurrenten Mr. Potter bankrott zu gehen droht, ihm eine Haftstrafe vorschwebt, zusammengeschlagen wird und einen Autounfall hat - dies alles an einem Tag, wohlgemerkt - beschließt er in seiner Verzweiflung, sich das Leben zu nehmen. 
 
IT'S A WONDERFUL LIFE


Trotz dieser tragischen Ausgangsposition, die wir bereits zu Beginn des Filmes vorgesetzt bekommen, schafft es der Film, ihm eine besondere Note zu verleihen, sodass wir uns gut fühlen. Ein Feel-Good-Movie, weil George Bailey vom Engel Clarence gezeigt bekommt, was aus Bedford Falls ohne ihm geworden wäre. Angesehene Menschen werden zu Säufern, nette Menschen werden korrupt, seine Frau eine alte Jungfer. Im Glauben, für die anderen Menschen nur eine Last zu sein und dass die Stadt besser dran wäre, wenn er nie geboren worden wäre, sieht er, was das Leben einer einzelnen Person verändern kann. In der Horrorversion von Bedford Falls heißt es jetzt Pottersville, eine Bar reiht sich an dem nächsten Stripclub; die Armen unter der Bevölkerung müssen hohe Mieten für schäbige Bruchbuden zahlen, während George Bailey dafür sorgte, dass sie ein anständiges Leben führen können. 
 
Dies führt schließlich dazu, dass sich George sehnsüchtig wieder zurück in sein altes Leben wünscht, was ihm auch gewährt wird. Das Ende ist zwar etwas zu kitschig geraten - schließlich unterstand die Produktion damals dem Production Code, in dem ein Happy End Vorschrift war - aber nichtsdestotrotz äußerst liebenswert, als George glücklich durch das ehemals verhasste Bedford Falls läuft, allen Frohe Weihnachten wünscht und zuhause seine Lieben umarmt, die er kurz zuvor noch angeschnauzt hatte. 
Der Film kommt leider um einige Längen nicht herum - gerade den Mittelteil fand ich etwas zu lange - und es gab auch ein paar Stellen, die etwas unausgereift und zu hektisch waren, aber das machen die Darsteller (die Legenden James Stewart und Donna Reed) und die wunderbare Atmosphäre wieder wett. Ein Film, nach dem man sich garantiert besser fühlen wird.
 
8 / 10 Punkte 

Die letzte Nacht des Boris Gruschenko [1975]


LOVE AND DEATH



"Die letzte Nacht des Boris Gruschenko" knüpft nahtlos an die typischen Woody Allen Komödien der 70er Jahre an; voll von Klamauk und einer neurotischen Hauptfigur. In diesem Fall ist es Boris Gruschenko, ein Angsthase und Schöngeist wie er im Buche steht und alles andere als ein typischer Mann, wie er zur Zeit Napoleons sein musste. Der junge Russe wird gegen seinen Willen in den Krieg gegen Frankreich eingezogen, kehrt von dort jedoch durch eine Kette aberwitziger Zufälle als Kriegsheld zurück und erhält die Möglichkeit, ein Duell um die Hand von Sonja (Diane Keaton) auszufechten. Wider Erwarten gewinnt Boris das Duell und heiratet Sonja. Als Napoleon jedoch in Russland einfallen will, schmieden die beiden einen Plan: Sie verkleiden sich als Abgesandte des spanischen Königshauses und wollen Napoleon ermorden!
 
Klar, dass sich herausstellt, dass es gar nicht so einfach ist, einen so mächtigen Mann umzubringen, zumal der schusselige, aber liebenswerte Boris Gruschenko der Attentäter sein soll. Durch ihn bzw. Woody Allen bleibt der Film stets lustig, was zum Großteil seinen sarkastischen Bemerkungen zu verdanken ist. Zusätzlich ist der Film nicht mehr so klamauklastik, was bei seinen Vorgängern noch ein großes Problem war. Diane Keaton ist für Woody-Allen-Filme ganz ordentlich, meistens spielt sie das Blondchen an Allens Seite. Bemerkenswert ist jedoch, dass Woody Allen an ein paar Stellen des Films die vierte Wand durchbricht und direkt mit dem Zuschauer kommuniziert bzw. über Leben und Tod philosophiert.
Fazit: Leider unterscheidet sich der Film nur bedingt von seinen restlichen Werken, weshalb ein etwas fader Beigeschmack bleibt.

6 / 10 Punkte
 

Sonntag, 26. August 2012

Take Shelter [2011]

TAKE SHELTER


Curtis LaForche ist ein einfacher, 35-jähriger Arbeiter, der mit seiner Frau und seiner tauben Tochter in einem Haus lebt. Sie haben es zwar nicht leicht und das Glück kommt ihnen nicht zugeflogen, aber sie sind zufrieden mit ihrem Leben. Curtis ist ein Bauarbeiter, scheint zufrieden mit seiner Arbeit, seinen Freunden, seiner Familie.
Doch das ändert sich urplötzlich, als Curtis diese merkwürdigen Träume bekommt; fast immer kommt ein gigantischer Sturm darin vor, außerdem wenden sich alle in Curtis' Umgebung gegen ihn und verletzen ihn. Diese Träume verändern ihn, er distanziert sich von den Personen, die ihn im Traum angriffen, und steigert sich zusehends in die Idee hinein, seinen Tornadobunker auszubauen um für einen kommenden Sturm gewappnet zu sein. Gleichzeitig schließt er die Möglichkeit einer psychischen Krankheit nicht aus, besonders weil seine eigene Mutter daran erkrankte und ihn und seinen Bruder im Stich ließ.
"Take Shelter" ist ein ruhiger Film, und das die ganze Laufzeit von 120 Minuten über. Wer mit ruhigen Filmen nicht viel anfangen kann, der wird es hier ziemlich schwer haben, denn es werden dem Zuschauer keine Brocken hingeworfen, um ihn am Ball zu halten. Wenn man es selbst will kann man in die schwere Atmosphäre eintauchen, die wirklich einzigartig ist. Er ist sehr düster und schwierig; einzig die Liebe seiner Frau, die trotz allem zu ihn hält, sind die einzigen Lichtstrahlen, die diese schwarze Atmosphäre durchdringen. Man stellt sich als Zuschauer zunehmend selber die Frage, was real ist, ob Curtis wirklich durchdreht oder doch alles nur ein Hirngespinst seines kranken Kopfes ist. Und ich kann mir als Hauptfigur keinen besseren Darsteller als Michael Shannon vorstellen. Bis jetzt konnte ich ihn nur in einer kleinen Rolle in Pearl Harbor bewundern, und jetzt das. 

TAKE SHELTER


Ein Wahnsinn, was dieser Michael Shannon hier abliefert. Seine Darstellung des einfachen Mannes, der nur seine Familie beschützen möchte und ausschließlich an ihr Wohl denkt, ist so ergreifend und überzeugend, dass es eine Frechheit ist, dass er bei den Oscars so schamlos übergangen wurde. George Clooney wurde für "The Descendants" nominiert und Michael Shannon nicht? Ich weiß nicht, was da alles verkehrt laufen muss. Besonders die schlimme Szene bei dem Nachbarschaftsfest oder wo er während eines fürchterlichen Albtraumes einen Schüttelkrampf bekommt, prägen sich ein und hinterlassen einen verstörenden Eindruck.
Und von Jessica Chastain bin ich sowieso immer verzaubert, denn sie spielt auch hier ungewöhnlich stark. Sie ist die Frau, die sich stets missverstanden und hintergangen fühlt, weil ihr Mann sich ihr gegenüber nicht öffnet - und steht trotz aller Widrigkeiten hinter ihm und unterstützt ihn. Welcher Mann wünscht sich nicht eine solche Frau an seiner Seite? 
Fazit: Ein verstörendes Drama, das zwar stets in ruhigem Ton gehalten ist, aber wer sich darauf einlässt wird einen der besten Filme des Jahres 2011 erleben.

9 / 10 Punkte
 
 

Samstag, 25. August 2012

Total Recall [2012]

TOTAL RECALL


Da ich das Original mit Arnold Schwarzenegger nicht gesehen habe, war ich dazu in der Lage, das Remake als eigenständigen Film zu betrachten, ohne ihn immer mit der Vorlage zu vergleichen. Aber sagen wir's so: Diese Tatsache machte den Film nicht unbedingt besser.
Den Einstieg fand ich schon mal gut, spannend und machte Neugier auf mehr. Rückblickend kann man aber verglichen mit den restlichen Szenen sagen, dass der Einstieg leider viel zu lahm und unwichtig für die Handlung war. Man bekam einen kleinen Einblick in das triste und monotone Leben von Doug Quaid, von seiner Frau und seinen Albträumen.
Erst ab dem Punkt, als Doug zu Recall geht und auf einmal plötzlich die Hölle los ist, kommt auch der Film in Fahrt. Von nun an jagt eigentlich eine Actionszene die nächste, Wackelkamera und viel Krach dürfen natürlich auch nicht fehlen. Und so zieht sich das leider bis zum Ende durch, ergänzt durch diverse Handlungsstränge, die zu oft ins Leere laufen oder ebenso gut ausgelassen hätten werden können. Die Verfolgungsjagden sind zu Beginn vielleicht noch spannend, aber leider dauern sie viel zu lange und spätestens nach der dritten Verfolgungsjagd hat man genug. 
Man wollte wohl so viel Action wie möglich in den Film packen, sodass man völlig auf die Handlung, geschweige denn auf eine kleine Prise Spannung vergessen hat. Die Handlung ist schnell erklärt und wird stets durch Schießereien unterbrochen und die Spannung geht dann sowieso flöten. Man ist nicht mehr gefordert, da man alles auf dem Silbertablett serviert bekommt. Während des Films könnte man ja manchmal ins Zweifeln kommen, was jetzt wirklich real ist und was nicht. Vielleicht ist das, was man einst für die Realität hielt und sich als Lüge herausstellte vielleicht doch die Realität?
Diese Frage stellt sich erst gar nicht, man bekommt gesagt, was die Realität ist und was nicht und aus.
Kate Beckinsale nervte leider nur noch, da sie zu penetrant und omnipräsent war. Leider aber muss man sich mit ihr anfreunden, denn sie wird bis zum Schluss dabei sein. Jessica Biel ging in Ordnung, aber ihre Rolle war einfach nur unnötig, wie so vieles in diesem Film.
Und ja, Colin Farrell fand ich wirklich gut und füllte die Rolle des Doppelagenten gelungen aus. Was mich jetzt nach all diesen negativen Punkten doch noch dazu veranlasst, "Total Recall" 6 Punkte zu schenken, sind Colin Farrell und die wirklich tollen Bilder der Stadt in der Zukunft.
5 / 10 Punkte

Montag, 20. August 2012

Badlands - Zerschossene Träume [1973]



Der Erstling der Regielegende Terrence Malick, der diesen Titel mit sage und schreibe sechs (!!) Filmen innerhalb von dreißig Jahren für sich beanspruchen darf. Und da ich kurz davor seinen neusten Film "The Tree of Life" gesehen habe und einen ebensolchen künstlerisch anmutenden Film erwartete, überraschte es mich umso mehr, dass "Badlands" ein 'normaler' Film geworden ist (jedenfalls für Malick-Verhältnisse). 
Die Handlung des Films ließ sich von einer wahren Geschichte inspirieren, die sich so ähnlich in den 1950er Jahren zugetragen hatte. Die 15-jährige Holly, die alleine mit ihrem Vater lebt, trifft eines Tages auf Kit, einen zehn Jahre älteren Rebell, und die beiden verlieben sich ineinander. Natürlich ist Hollys Vater alles andere als begeistert von dieser Liaison und er droht Kit, sich nicht seiner Tochter zu nähern. Dieser lässt sich natürlich nicht beeindrucken und bringt den Vater kurzerhand um und die beiden reisen ab diesen Zeitpunkt quer durch das Land, immer auf der Flucht vor der Polizei. Holly, die die Flucht anfangs etwas naiv und romantisch sieht, erkennt immer mehr, dass ihr Freund ein Soziopath ist und stumpft ab, schenkt ihm keine Beachtung mehr. Aber das macht nichts, denn ihre Flucht ist sowieso bald zu Ende, auch wenn sich Kit in dieser Hinsicht immer noch etwas vormacht. Während er immer auf der Suche nach neuen Verstecken ist und Personen, die gefährlich werden könnten, vorsichtshalber gleich umlegt oder außer Gefecht setzt, steht Holly immer abseits und verhält sich passiv.
So war das nun mal vor sechzig Jahren, der Mann bestimmte und die Frau gehorchte. Ständig bekam man kleine Auszüge aus Hollys Tagebuch vorgelesen, in dem sie beschreibt, was sie über die Morde und ihre Flucht und vor allem über Kit denkt. Es wird ein pessimistisches Bild gezeichnet, denn keiner von ihnen rechnet eigentlich noch damit, lebend aus dieser Sache rauszukommen. 
In den Hauptrollen, den einzig wichtigen Charakteren Kit und Holly, können wir die jungen Martin Sheen und Sissy Spacek bewundern. Sheen sieht wirklich verboten jung und frisch aus, er spielt Kit mit einer Mischung aus Selbstvertrauen, Charme und einer Prise Psychopath. Diesen spielt er aber nicht so extrem (wie es etwa Heath Ledger als Joker machte), sondern etwas unterschwellig, sodass man Kit für lange Zeit wirklich mag und sich nicht von Anfang an denkt "Was findet sie nur an diesem verrückten Kerl?" Kit ist charismatisch und redegewandt, eine gefährliche Mischung.
Sissy Spacek, mit mehr Sommersprossen denn je gesegnet, füllt die Person der jugendlichen Holly lediglich aus, kann keine Akzente setzen und nichts Besonderes bieten, während ich von Martin Sheen sehr angetan war. 

Prometheus - Dunkle Zeichen [2012]


PROMETHEUS


Zu diesem Film möchte ich mich gar nicht so lange auslassen, denn zu sagen habe ich ohnehin nicht viel. Dreißig Jahre nachdem der Altmeister des Sci-Fi-Genres Ridley Scott mit seinen Alien-Filmen einen Meilenstein der modernen Filmgeschichte schuf, geht er zurück zum Anfang und erzählt, was vor den Alien-Filmen passiert ist.
Zu meiner Verteidigung muss ich gestehen, dass ich Alien noch nie gesehen habe, weder die von Ridley Scott, noch den dritten Teil von David Fincher. Gar keinen. Und ehrlich gesagt reizte es mich auch nie besonders, denn ein Fan von Sci-Fi war ich noch nie gewesen. Doch dank lästiger Geschwister setzte ich mich am Sonntag Nachmittag ins Kino, leider mit einer 3D Brille auf meiner Nase. 
 
Eines vorneweg: Der wahrscheinlich größte Pluspunkt an diesem Film ist Michael Fassbender. Seine Darstellung des David fand ich einfach super, da man nie wusste, was er denkt oder warum er bestimmte Handlungen durchführt. Manchmal findet man ihn sympathisch, aber es gibt auch Stellen wo ich ihn wunderbar böse fand. Damit stellt er mit Abstand den erfrischendsten Charakter dar, denn den Rest kann man getrost in die Tonne kloppen. 
Elizabeth Shaw nervt einfach nur, ihr Partner Charlie Holloway ist leicht ersetzbar und damit unnötig. Und was die anderen Crewmitglieder angeht... Alle nur nettes Beiwerk, die sowieso am Schluss sterben. Warum sich also die Mühe machen und so viele Charaktere einführen? Sie sagen ein, zwei Sätze bzw. lassen einen dummen Spruch vom Stapel und sterben. 
Und was ich von der Figur der Meredith Vickers alias Charlize Theron halten soll, weiß ich sowieso nicht recht. Was ist der Sinn hinter ihrem Auftreten? Leider wird dies kein einziges Mal erklärt.
 
Ich überlasse das große Rätselraten, was das Ganze auf dem Planete eigentlich soll und wer jetzt von wem abstammt, einfach den Fans, die mehr Ahnung haben. Ich fand den Film ganz in Ordnung, immerhin gab es Michael Fassbender und schöne Aufnahmen.

6 / 10 Punkte
 

Ein gutes Jahr [2006]

A GOOD YEAR


"Ein gutes Jahr" ist Ridley Scotts Versuch, einen einigermaßen belanglosen und romantischen Film zu schaffen. Nebenbei wollte er mit diesem Werk der südfranzösischen Lebensweise huldigen, denn diese, so bekommen wir es zumindest gesagt, tun den ganzen Tag nichts anderes, als Wein zu trinken und ein ruhiges Leben zu führen. 
Gegen eine (zumindest originelle) romantische Komödie habe ich im Grunde ja nichts und der Cast hatte mir das Gegenteil versprochen: In der Hauptrolle Russell Crowe und in den Nebenrollen unter anderem Albert Finney, Freddie Highmore, Marion Cotillard und einen Haufen mir unbekannter französischer Schauspieler. Von Crowe habe ich ja seit seinen bekanntesten Filmen "Gladiator" und "A Beautiful Mind" generell eine hohe Meinung, aber seine Beteiligung an diesem Film war leider ein Schuss in den Ofen.
Die Handlung ist schnell erklärt: Max Skinner, ein skrupelloser erfolgreicher Broker an der Londoner Börse erbt nach dem Tod seines geliebten Onkels Henry dessen Landhaus in Südfrankreich, wo er in den Sommerferien stets eine glückliche Zeit erlebt hatte. Doch aus dem süßen kleinen Max ist leider ein großes Arschloch geworden, das natürlich indes plant, das Anwesen und die Weinberge nicht zu behalten, sondern zum Höchstpreis zu verkaufen. Um das alles in die Gänge zu bringen, fliegt er kurzerhand nach Frankreich und trifft auf die schöne Fanny Chenal (Cotillard), durch die er plötzlich wieder ein Herz bekommt und sich schlussendlich doch nicht zu einem Verkauf entscheidet. 
Das größte Problem: Die Wandlung Max Skinners vom Arschloch zum liebenswerten Menschen ist einfach unglaubwürdig und geschieht viel zu schnell. In London noch arrogant, so wirkt er in Frankreich angekommen plötzlich viel ruhiger und liebenswürdiger (auch wenn er noch immer arrogant ist). Außerdem zieht sich der Film endlos in die Länge, da zu großen Teilen einfach nichts passiert oder überflüssige Szenen gezeigt werden, die sich Scott hätte sparen können. Marion Cotillard ist nur schöne Dekoration, da sie nichts Nennenswertes zur Geschichte beitragen kann. - Russell Crowe wirkt in "Ein gutes Jahr" leider so unsympathisch, dass es fast eine Qual ist.
 
Die einzigen guten Szenen sind die glücklichen Szenen in der Vergangenheit, in denen wir Albert Finney als Onkel Henry und den jungen und damals noch sehr netten Max (Freddie Highmore) bewundern und uns die eine oder andere Lebensweisheit anhören dürfen. Somit zeigt uns Freddie Highmore die beste Leistung im ganzen Film, und das heißt wohl einiges. 

5 / 10 Punkte
 

Sonntag, 19. August 2012

Dein Weg [2010]

THE WAY


Da ich im Moment (wieder einmal) von Hape Kerkelings Buch über seine Reise auf dem Jakobsweg begeistert bin und mich mit dem Gedanken trage, diesen Weg eines Tages selbst zu laufen, war es natürlich nicht von ungefähr, dass ich einen der wenigen Filme über den Jakobsweg im Kino ansehen muss.
Die namhafte Besetzung der Haupfigur, in diesem Fall Martin Sheen, und der Name des Regisseurs, sein Sohn Emilio Estevez, machten es mir den Kinobesuch natürlich umso schmackhafter. 

Im Film geht es im Grunde um eine Vater-Sohn-Geschichte zwischen Tom und Daniel Avery; nach dem Tod der Mutter entfremden sie sich zusehends. Während Tom eine bestimmte Berufslaufbahn für ihn vorsieht, möchte Daniel diesen nicht gehen und beschließt, eine Weltreise zu machen. 
Eines Tages, als Tom gerade Golf spielt, erhält er aus Frankreich einen Anruf, dass sein Sohn verstorben ist. Er reist nach Saint-Jean-Pied-de-Port, um Daniels Leichnam zurück in die Vereinigten Staaten zu bringen. Als er dort erfährt, dass sein Sohn am ersten Tag auf seiner Reise auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela in einem Gewitter umgekommen ist, beschließt er, diesen Weg für sich und Daniel zu gehen. Er lässt den Leichnam einäschern und nimmt ihn mit auf seine Reise.
Auf dieser trifft er auf drei andere Personen; Joost aus Amsterdam, der einen stereotypischen Holländer aus amerikanischer Sicht darstellt (immer auf Parties und nie für einen Joint zu schade). Außerdem die Kanadierin Sarah, die mit dem Rauchen aufgeben möchte, und den Iren Jack, der sich durch das Pilgern das Ende seiner Schreibblockade erhofft. Während ich Joost immer etwas lästig fand, da er meistens irgendetwas Dämliches von sich gab, fand ich Jack wunderbar erfrischend und Sarah sehr angenehm. 
Leider kann ich nicht sagen, dass mir Tom Avery besonders sympathisch war. Zu Beginn ist das Gefühl noch stärker, da er meistens nur sein Tagespensum abarbeitet und scheinbar nicht daran denkt, die Landschaft zu genießen oder Gefallen an seinen Mitpilgern zu finden. 
Allgemein hatte ich leider nicht das Gefühl, dass dieses ungleiche Quartett wirklich auf dem Camino nach Santiago de Compostela unterwegs ist. Viel mehr kam es mir so vor, als wären sie gewöhnliche Wanderer in der freien Natur (auch wenn man unter anderem das Cruz de Ferro oder auch die Kathedrale von Santiago bestaunen kann).
Und wie es sich für einen Roadmovie gehört, trifft Tom auf allerlei merkwürdige Gestalten, etwa auf einen verrückten Gastwirt, vor dem sie schockiert Reißaus nehmen oder eine Sinti-Gemeinschaft in Léon (wobei ich diese Stelle für zu dick aufgetragen empfinde).
Der Film ist im Großen und Ganzen leider nur ganz okay, da er für meinen Geschmack viel zu seicht ist. Der Tod von Daniel hätte mehr behandelt werden können, es wäre schön gewesen wenn wir mehr über Daniel Avery erfahren hätten, ist er doch der Grund, der seinen Vater immer weiter vorantreibt. Also insgesamt wirkt der Film doch etwas unausgegoren, dank seiner Thematik und den Witzchen am Rande ist er aber durchaus sehenswert.

6 / 10 Punkte

Dienstag, 14. August 2012

The Tree of Life [2011]

THE TREE OF LIFE


Mein erster Terrence Malick, und er hat mich eiskalt erwischt. Ich wusste zwar, dass "The Tree of Life" ein schwieriger Film ist, der in seiner Zuschauergemeinde zwiespältige Reaktionen hervorgerufen hat. Scheinbar ist man sich nicht einig, ob Malicks neuester Geniestreich ein Meisterwerk oder ein Langweiler ist.
Genauso verhält es sich mit "2001", dem wohl größten Werk von Stanley Kubrick und in gewisser Weise sind sie sich sogar ähnlich. Beides sind ruhige Filme, die mit unaufreregten Bildern und sanfter Musik ihren Einstieg beginnen. 
Aber "The Tree of Life" hat eigentlich auch eine Handlung, auch wenn sie mir doch etwas hintergründig erscheint. 
Wir sehen Mr. und Mrs. O'Brien, Mr. O'Brien ist der Mann im Haus und hat das Sagen, während sich seine Frau nicht zu widersprechen traut, obwohl sie ihre Kinder gerne vor ihm beschützen möchte. Gemeinsam haben sie drei Kinder, bei denen wir dank Lubezkis wunderbaren Bildern (die ohne Zweifel einen Oscar wert sind) beim Aufwachsen zuschauen dürfen. Und ich betone es nochmal, die Bilder sind wirklich atemberaubend. Zu Beginn gibt es zuhauf wunderschöne Landschaftsbilder von den aufregendsten Orten dieser Erde und später gibt es ruhige, unaufgeregte Bilder aus dem Alltag der Kinder. Natürlich bin ich mir bewusst, dass es sich um gestellte Bilder für einen Film handelt, und doch kommt es mir so vor, als ob man den Filmfiguren im realen Leben zusieht. 
Wir sehen die Kinder beim Aufwachsen, beim Herumtollen, bei Allem, was man halt als kleiner Junge so tut und keines dieser Bilder wirkt im mindesten gestellt oder präpariert. Wirklich magische Momente.
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THE TREE OF LIFE


Und so kommt es, dass eher die Bilder im Vordergrund stehen als die Geschichte. Denn diese ist wirklich nicht Besonderes; Hauptfigur ist Jack (der von der tollen Neuentdeckung Hunter McCracken gespielt wird), der von seinem Vater immer strenger behandelt wird als seine kleinen Brüder und deshalb in den darauffolgenden Jahren einen Hass gegen seinen Vater entwickelt. Diese Geschichte ist zwar wunderschön anzusehen, eine Beschreibung darüber abzugeben würde aber wenig Sinn machen. 
Viele Hobbytheoretiker stürzen sich ja eher auf die Andeutungen auf das Christentum und alle möglichen Weltanschauungen, die ich jedoch uninteressant finde. Mag sein, dass sich Malick bei seinen geflüsterten Worten, die immer wieder eingeworfen werden, etwas gedacht hat. Vielleicht macht der Titel "Der Baum des Lebens" wirklich Sinn (da er im Film nie vorkommt). Mag alles sein, ich jedenfalls konnte während diesem bildgewaltigen Spektakel nur die Schauspieler und die wunderbare (ich kann es nicht oft genug sagen!) Kameraführung von Emmanuel Lubezki bewundern.
Einziger Kritikpunkt: Sean Penn wurde leider sowas von verbraten, bis auf die Szenen am Ende des Filmes, die ich toll fand. Aber Penn dabei zuzuschauen, wie er orientierungslos durch die Welt läuft, gab mir einfach nichts und erweckt in mir das Gefühl, dass diese Szenen leicht ersetzbar sind.

9 / 10 Punkte

Donnerstag, 9. August 2012

Ich bin Sam [2001]

I AM SAM


Filme über Menschen mit geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung werden immer beliebter. Meistens sind es Sozialdramen, die das Leben der Behinderten aus einem völlig neuen Blickwinkel beleuchtet und zeigt, wie sie ihr Leben bewältigen. Oder sie sind in zuckersüße Feel-Good-Movies verpackt, die uns zum Lachen und Weinen animieren sollen.
Dieses Jahr gab es bereits zwei Filme mit dieser Thematik: "Ziemlich beste Freunde", der von der Freundschaft zwischen einem querschnittsgelähmten Mann und seinem extrovertierten Betreuer handelt; und "Hasta la Vista", in dem drei junge Männer mit körperlicher Behinderung zusammen eine Reise nach Spanien unternehmen, um es sich in einem speziellen Bordell so richtig gut gehen zu lassen.
 
Doch schon im Jahr 2001 versuchte der unbekannte Regisseur Jessie Nelson, seinem Publikum ein Drama mit einem geistig zurückgebliebenen Protagonisten näherzubringen.
Sam, der im Körper eines Erwachsenen steckt, aber wie ein siebenjähriges Kind denkt, lebt alleine mit seiner Tochter Lucy, deren Mutter ihn nach ihrer Geburt verlassen hat.
Doch als Lucy sieben Jahre alt wird, schaltet sich das Jugendamt ein, um Sams Tochter in eine Pflegefamilie zu geben. Die Begründung: Lucy ist nun im selben geistigen Alter wie ihr Vater und das Jugendamt geht davon aus, dass Sam von nun an nicht mehr seine Tochter ausreichend versorgen und aufziehen kann.
Sam lässt sich jedoch nicht unterkriegen. Er ist zwar dumm, aber er liebt seine Tochter über alles und denkt nicht daran, sie in eine Pflegefamilie zu geben. Er engagiert die schlagfertige Rechtsanwältin Rita, die von nun an quasi gratis seinen Fall vertritt.
Hier beginnt der Film, sich in eine typische Hollywoodproduktion zu verwandeln. Man merkt, dass bei Rita zuhause auch nicht alles so perfekt läuft, wie sie es gerne darstellt. Ihr Mann geht fremd und ihr Sohn distanziert sich immer mehr von ihr weil sie den ganzen Tag lang in der Arbeit ist. Und Sam gelingt es natürlich mit seinem unwiderstehlichen Charme und Beatleszitaten alles wieder ins Lot zu bringen; die Beziehung von Rita und ihrem Sohn rettet er und er schafft es schlussendlich auch, seine Tochter wiederzugewinnen.
Die Hauptdarsteller sind allesamt sehr gelungen, etwa Sean Penn als Sam Dawson, Dakota Fanning als seine Tochter oder Michelle Pfeiffer als Rechtsanwältin Rita.
Im Großen und Ganzen ein lieber Film, der den Zuschauer gleichermaßen zum Lachen und Weinen animieren will. Bei mir hat das wunderbar geklappt, Penns überzeugende Darstellung zum Dank.

7 / 10 Punkte

The King's Speech [2010]

THE KING'S SPEECH

"The King's Speech" ist der große Gewinner der Oscarverleihungen 2011; er gewann die wichtigsten Preise für den besten Film, beste Regie und besten Hauptdarsteller und war außerdem noch für zig andere Kategorien nominiert. Ja, auch ich zählte mich damals zu den glühenden Verehrern dieses Films und freute mich aufrichtig, als er zum besten Film 2010 gekürt wurde.
Die Begeisterung hat etwas nachgelassen nachdem ich gemerkt habe, wie glattgeleckt dieser Film doch ist, wie sehr er auf die Oscarverleihungen getrimmt wurde. Ob das der Wahrheit entspricht oder nicht, sei dahin gestellt, aber alles an ihm scheint förmlich nach dem Goldjungen zu schreien.
 
Nichtsdestotrotz finde ich "The King's Speech" immer noch gut, was vor allem an seiner Thematik und am äußerst gelungenen Hauptdarsteller liegt.
Die Handlung gibt etwa zwanzig Jahren im Leben des späteren Königs von Großbritannien, George VI wider, einer sehr unsicheren Person und alles andere als der Mensch, den man sich unter einem Herrscher eines großen Königreiches vorstellt. Er wird regelmäßig von Familienmitgliedern für sein Stottern verpottet und bei öffentlichen Ansprachen von den Zuhörern stumm bemitleidet. Er und seine Frau Elisabeth (die spätere Queen Mum) hatten schon alle möglichen Ärzte und Therapeuten zur Rate gezogen, doch niemand kann "Bertie" von seinem Leiden befreien.
Eines Tages sucht Elisabeth ohne dem Wissen ihres Mannes, der die Medizin schon aufgegeben hatte, den australischen Einwanderer und Hobbyschauspieler Lionel Logue, der den Thronprinzen von nun an behandelt.
Und natürlich bessert sich seine Krankheit über die Jahre, muss dies jedoch unter Beweis stellen, als er plötzlich König wird und von nun an vor Publikum Ansprachen halten muss.
 
Der Film verläuft sehr ruhig, Spannung kommt so gut wie gar nicht auf, und das muss es auch nicht, denn ein spannendes Biopic über den britischen König würde nur lächerlich wirken. Viel mehr ist es eine Charakterstudie über einen unsicheren und introvertierten Mann, der plötzlich gegen seinen Willen ein Land regieren muss. Dies wird dabei mehr außer Acht gelassen, viel mehr beleuchtet es die Beziehung zwischen Logue und Bertie, die zu Freunde werden - ein König und ein einfacher Mann aus Australien.
 
Bei den Schauspielern sind natürlich in erster Linie Colin Firth als König und Geoffrey Rush als Sprachtherapeut Logue hervorzuheben; erster bekam für seine Darstellung einen Goldjungen überreicht, der zweite steht ihm um nichts nach. Ebenfalls erwähnenswert sind Helena Bonham Carter, die ihre Rolle lediglich ausfüllt, und Guy Pearce als Alberts älterer Bruder, der zugunsten einer Ehe mit einer Bürgerlichen abdankt.

8 / 10 Punkte

Mittwoch, 8. August 2012

Wer's glaubt wird selig [2012]


WER'S GLAUBT WIRD SELIG

Dass wir diesmal eine bairische Komödie in der Sneak hatten ist wohl dem Umstand zu verdanken, dass sich Passau, dem einzigen Kino weit und breit, das Sneak Previews vorführt, in Niederbayern befindet. Während in anderen Kinos wahrscheinlich die angesagtesten Hollywoodfilme mit einem hohen Budget und prestigeträchtigen Schauspielern gezeigt wird, müssen die bairischen und österreichischen Zuscher mit "Wer's glaubt wird selig" vorlieb nehmen. 
Aber eigentlich war es gar nicht so schlimm wie befürchtet, denn unser Lieblingsclown Christian Ulmen hat hier eine anständige Komödie aus dem Hut gezaubert.
Er spielt die Rolle, die er am besten kann: den trotteligen, aber liebenswerten Georg, der mit seiner Frau und zwei Kindern im bairischen Schiort Hollerbach wohnt. Da es dort schon seit Jahren nicht mehr geschneit hat, ist der für das kleine Dorf wichtige Wintertourismus eingeschlafen und die Menschen sind weggezogen. Als eines Tages Georgs religiöse Schwiegermutter Daisy stirbt, überlegt sich Georg zusammen mit seinen Freunden einen Plan, um Daisys Heiligsprechung durch den Papst zu erwirken und so den Tourismus wieder zurück ins Dorf zu bringen.

Ja, ich weiß, die Handlung klingt schrecklich. Aber eigentlich geht es nicht um die Handlung, sondern natürlich um den Humor, und der ist meiner Meinung nachr reichlich vorhanden. Von chaotischen Kumpels bis zu schwarzem Humor und Sticheleien gegen die katholische Kirche ist vieles dabei. Witzig sind etwa die Versuche von Georg und seinen Freunden, Daisy, die eigentlich alles andere als gut war, mit Wundern in Verbindung zu bringen, um ihre Heiligsprechung zu ermöglichen. Komplikationen sind da natürlich vorprogrammiert. 
Von den Schauspielern her war niemand überragend, vielleicht am ehesten noch Hannelore Elsner als verhasste Schwiegermutter Daisy oder Nikolaus Paryla als den Papst.
Für mich bemerkenswert ist noch die Tatsache, dass ein paar Schauspieler im Dialekt reden, auch wenn es der bairische ist. Trotzdem mal eine schöne Erfahrung, seine eigene Sprache im Kino zu hören.

6 / 10 Punkte

Samstag, 4. August 2012

The Dark Knight Rises [2012]


Hach ja, die berüchtigte Zweitsichtung. Manchmal hilft sie dem Zuschauer, das Gesehene besser zu verstehen und zu bewerten. Man entdeckt Dinge, die einem beim ersten Mal verborgen blieben und festigen die bestehende Meinung des Zuschauers.
Oder es tritt sogar das Gegenteil davon ein: Plötzlich fallen einem dramaturgische Schwächen, Logiklöcher und die berüchtigten Längen auf, die beim ersten Mal vielleicht entfallen waren.

Und das ist mir heute passiert. Nach der ersten Sichtung war ich vom Film begeistert. Klar, er war nicht so gut wie sein Vorgänger, aber das hatte ich auch nicht erwartet. Ehrlich gesagt hatte er mich ziemlich begeistert, denn endlich bekam man mehr von der Person Bruce Wayne zu sehen, was ich schon sehr vermisst hatte, nachdem er in "The Dark Knight" nur als Nebenfigur neben Joker auftreten durfte. 


Der Film stolpert von einer Banalität in die nächste, und wirklich keine Szene vermag es, den Zuschauer zu begeistern, zu Tränen zu rühren, oder irgendwie einfach zu bewegen. Nolan übertreibt es mit seinem depressiven Batman und packt viel Action hinein, um die inhaltliche Leere irgendwie auszugleichen - was natürlich nicht klappt. Beim ersten Mal fand ich den Film wirklich gut, aber je öfter man ihn sieht, desto auffälliger werden die dramaturgischen Schwächen, die Leerläufe oder auch sinnlose Szenen, die man sich sparen hätte können. Ganze Szenen wurden hinzugefügt und künstlich in die Länge gezogen, um dem Film eine "epische" Laufzeit zu verpassen.
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Hans Zimmers Soundtrack ist zwar etwas zu präsent und laut, aber passt meiner Meinung nach ganz gut zu dem Film, weil die Filmmusik der Vorgänger ebenfalls von Zimmer komponiert wurden. Bemängeln muss ich jedoch vor allem den lahmen Einstieg mit dem Flugzeug, der Jokers Banküberfall von der Inszenierung her nicht das Wasser reichen kann. Leider fand ich die deutsche Synchronstimme ziemlich misslungen, da sie überhaupt nicht zur Figur zu passen schien. Auch bei den Schauspielern muss ich Minuspunkte verteilen. Natürlich macht Christian Bale als Bruce Wayne alias Batman wie immer eine gute Figur, aber wieder einmal hat es Nolan übersehen, seinen Figuren eine Seele einzuhauchen. Wayne bleibt schablonenhaft und man interessiert sich angesichts der protzigen Actionsequenzen nur selten für seine Figur. Ebenso ist es mit Bane, dem ach so  großen Gegenspieler von Batman. Bane bleibt in meinen Augen eine Witzfigur, deren böse Machenschaften man einfach nicht ernst nehmen will. Seine alberne Maske und die merkwürdige Stimme tun ihr übriges, um Bane nicht als ernsthafte Bedrohung ansehen zu müssen. Dasselbe muss ich leider auch von Marion Cotillard sagen, die ja ansonsten eine gute Schauspielerin sein kann, aber ihr Potenzial hier total missachtet wurde. Sie nervt den ganzen Film lang und entpuppt sich zum Schluss als großer Bösewicht, was natürlich völlig aus dem Nichts gegriffen und deshalb alles andere als überzeugend wirkte.
Gary Oldman und Joseph Gordon-Levitt hatten ja ebenfalls schon zur Genüge gezeigt, dass sie Großes vollbringen können, aber leider wurde auch ihr Potenzial verschenkt. Oldman darf den ganzen Film lang in einem Krankenbett liegen und Gordon-Levitt bleibt erschreckend blass als Polizist, der nichts auszusagen hat, aber trotzdem mitmischen muss. Nur Anne Hathaway fand ich super, denn ihre Version der Selene Kyle war sexy, frech und einfach erfrischend.

"The Dark Knight Rises" ist daher für mich meine größte filmische Enttäuschung des Jahres 2012. Christopher Nolan hatte sich zu viel vorgenommen und wollte um jeden Preis den Vorgänger übertrumpfen - was leider völlig daneben gegangen ist.

Bewertung: 6 Punkte 

The Dark Knight Rises | US 2012 | Christopher Nolan | Christian Bale, Gary Oldman, Anne Hathaway | 164 Minuten | FSK 12



Donnerstag, 2. August 2012

Uhrwerk Orange [1971]


"Uhrwerk Orange", ein Film so verstörend wie faszinierend. Dieser Film macht des dem Zuschaue wirklich nicht leicht, denn man kann sich lange nicht entscheiden, was man von ihm halten soll. Ist er ein Meisterwerk? Ist er abartig? Grausam? Oder doch gefühlvoll? Ich sage: Alles. Das und viel mehr, denn diesen Film in Worten zu fassen ist meiner Meinung nach unmöglich. 
Wie würde das denn aussehen? 
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Zu Beginn würde ich natürlich lautstark die Hauptfigur Alex DeLarge kritisieren, ich würde ihn verfluchen, für seine Arroganz, seinem Egoismus und seinem Spaß an der Gewalt. Etwas später, als er von seinen Freunden verraten und für eine Haftstrafe verurteilt wird, würde ich ihm am liebsten ins Gesicht rufen wollen: "Ha, da hast du deine verdiente Strafe, du kleines mieses Arschloch!"
Und nachdem er seine "Therapie" abgeschlossen hat, die Stiefel abgeleckt hat, von den Eltern verstoßen und von Obdachlosen zusammengeschlagen wird, würde ich Mitleid für diese armselige Kreatur empfinden.
Weg sind die negativen Empfindungen, die man für Alex hatte. Vergessen sind die Greueltaten, die er beging, nur um sich die Zeit zu vertreiben. Alles aus dem Kopf gefegt, man empfindet nur noch Mitleid für diesen geprügelten Hund und man möchte nun, dass sich doch alles wieder zum Guten wendet. 
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Ich frage mich, welcher Film es noch so hervorragend geschafft hat, eine verhasste Filmfigur so... liebgewinnen ist das falsche Wort, aber dass man sich doch mit ihr anfreundet, sich sogar in sie hineinversetzen kann. Diesen Dämon von einem Menschen, diese durch und durch schlechte Person liegt dem Zuschauer plötzlich am Herzen.
Am Ende weiß man gar nicht, wie man das Gesehene einordnen soll. Ich kann mir vorstellen, dass er vielen einfach zu merkwürdig ist, angefangen von den Figuren, Klamotten, die Sprechweise der Droogs. Aber das sind alles nur Oberflächlichkeiten, denn wenn man schaut, was sich darunter verbirgt, wird man vom Film fasziniert sein.
Ich kann nur von mir selbst sprechen; ich habe ihn zwei Mal gesehen, war beide Male gleich fasziniert und gleichzeitig verstört und es dauerte einen Tag, bis ich ihn wieder aus dem Gedächtnis bekam.
Einfach ein zeitloses Meisterwerk vom Meister Kubrick höchstpersönlich.

Bewertung: 9 Punkte

A Clockwork Orange | GB 1971 | Stanley Kubrick | Malcolm McDowell | 137 Minuten | FSK 16