
Auch einer der größten Regisseure unserer Zeit, nämlich Quentin Tarantino, fing einmal klein an, mit schmierigen Lagerhallen, kleinem Budget, unbekannten Schauspielern. Ach nee, warte mal: Das hätte aus seinem Debutfilm "Reservoir Dogs" werden können, hätte nicht zufällig der berühmte Schauspieler Harvey Keitel Wind von Tarantinos Film bekommen und ihn finanziell unterstützt. Denn meiner Meinung nach ist "Reservoir Dogs" sogar um Längen besser als sein vielgehypter Nachfolger "Pulp Fiction".
Und wieso? Weil sein Erstling einfach viel origineller ist, auch wenn die Dialoge und Musikuntermalung noch nicht so ausgereift ist wie in den Nachfolgern, das muss ich zugeben. Aber man muss bedenken, dass es das Regiedebut eines Niemands war, der zufällig Unterstützung bekam und einen Hit an den Kinokassen landen konnte.
Das bemerkenswerte an "Reservoir Dogs" ist ohne Zweifel seine Erzählweise - sie verläuft nicht wild durcheinander wie der Nachfolger, aber der Clou ist, dass es im Grunde um einen misslungenen Übefall geht, der aber im Film keine Sekunde lang gezeigt wird. Man beginnt in einem Café; die versammelten Gangster philosophieren über einen tieferen Sinn hinter Madonnas "Like a Virgin" und weshalb man Kellnerinen Trinkgeld gibt, während Mitarbeiter bei McDonald's keines bekommen. Die Dogs stehen auf, der Vorspann, gepaart mit dem wunderbaren Oldie "Little Green Bag" ertönt, ein paar Namen fliegen vorbei. Und bumms, schon befindet man sich in Mr. White's Auto, der den schwer verletzten Mr. Orange herumkutschiert, der panisch herumschreit. Halt, wo war der Überfall? Genau, er wird nie gezeigt, es wird nur den ganzen Film lang über sein Misslingen und den Grund dafür geredet. Denn es stellt sich heraus, dass die Polizei bereits da war, bevor der Alarm aktiviert wurde - einer von ihnen muss also ein Spitzel des LAPD sein.

Der Rest des Films beschäftigt sich damit, herauszufinden, wer der Spitzel ist, warum Mr. Blonde plötzlich zum Herumballern anfing und wo zum Teufel Joe bleibt. Mr. Orange bleibt die meiste Zeit des Filmes ohnmächtig in einer Blutlache in der Ecke liegen, Mr. Pink macht auf professionell, Mr. White geht gegen Mr. Blonde los, der seinerseits einen Polizisten entführte und diesem in einer einmaligen Szene, mit "Stuck in the Middle" unterlegt, das Ohr abschneidet.
Hört sich verrückt an, oder? Ist er vielleicht ein bisschen, aber zum größten Teil ist er einfach ein genialer Film, ein Debut, wohlgemerkt. Dass Tarantino Talent besitzt, manifestiert sich hier am meisten, wenn er es meisterhaft versteht, heute bekannte Darsteller wie Steve Buscemi, Tim Roth, Harvey Keitel und Michael Madsen so selbstverständlich durch den Film zu führen. Dazu unterlegt mit Hits aus den 70ern und einer Story, bei der jedoch ein bisschen die Luft heraus ist, wenn man den Spitzel kennt. Trotzdem immer noch einer von Tarantinos Besten.