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THE LOST WEEKEND |
Aber welcher Film hat sich schon ernsthaft mit Alkoholkonsum beschäftigt? Nach langem Überlegen fällt mir eigentlich nur einer ein: "Das verlorene Wochenende" aus dem 1945 - und das traurige daran ist, dass das Thema aktuell wie eh und je ist und selbst nach 70 Jahren hat es nichts an seiner Brisanz verloren.
Don Birnam ist eigentlich ein ganz lieber Kerl, der von seinen Mitmenschen hoch geschätzt werden würde, wäre da nicht ein großes Problem: Er ist ein arbeitsloser Alkoholiker. Zum Gewohnheitstrinker wurde er, als er eine Schreibblockade hatte - ein schlimme Lage für einen Schriftsteller. Don sieht sich selbst als Verlierer, er hasst sich und fände es wohl am besten, wenn man ihn einfach aufgeben würde. Doch daran denken sein Bruder Wick und seine stets an das Gute glaubende Freundin Helen nicht. Sie wollen mit ihm für das Wochenende auf das Land fahren, damit sich Don von seinem letzten Absturz erholen kann. Doch dieser denkt gar nicht daran; durch eine List kann er die beiden für drei Stunden aus der Wohnung locken, während er sich auf dem Weg zu seiner Stammkneipe macht, um sich seine tägliche Dosis abzuholen. Durch ein Missgeschick verpasst er den Zug aufs Land, weshalb er nun für das ganze Wochenende alleine ist - ohne Bezugspersonen, die ihn vom Alkoholkonsum abbringen könnten...
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THE LOST WEEKEND |
Was uns dieser Film präsentiert, ist erschreckend angesichts seines Wahrheitsgehalts. Wir haben diese Bezugsperson Don Birnam und sehen zu, wie er langsam in seinen Alkoholsumpf versinkt, bettelt, stiehlt und flieht, um an seinen Stoff zu kommen. Für ihn gilt nichts mehr, kein Denken, keine Moral, nichts, nur Alkohol. In den schlimmsten Szenen landet er in einem "Auffanglager" für Alkoholiker in einem Krankenhaus, wo er in der Nacht die Horrorvisionen der anderen Patienten mitanhören muss. Ein Patient beginnt mitten in der Nacht zu schreien, er befreit sich von der Decke und versucht scheinbar, für andere unsichtbare, aber für ihn durchaus reale Käfer zu entfliehen, die aus der Decke und ihm schließlich in den Mund krabbeln, bis er fortgeschafft wird. Birnam kann aus dem Krankenhaus fliehen, der Zuschauer jedoch nicht. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich von diesen Szenen ziemlich geschockt war, denn so deutlich wurde mir noch nie vor Augen geführt, welche Visionen durch den Entzug ausgelöst werden können. Auch Birnam hat kurze Zeit später zuhause selbst seine erste Vision und beginnt plötzlich hysterisch zu schreien...
Fazit: Ein extrem guter und wichtiger Film, dessen Genialität nur durch die Tatsache geschmälert wird, dass Dons Freundin eine zu gute Seele ist, um wirklich real zu sein. Ich meine, früher oder später hätte jede Frau aufgegeben, angesichts dieser verlorenen Person, der nicht mehr geholfen werden kann. Sehr unrealistisch übrigens wirkt das dank dem Production Code aufgezwungen wirkende Happy End. Aber vermutlich ist es sowieso ein Wunder, dass der Film damals überhaupt erschien, angesichts der Problematik und dem Trend nach dem Krieg, nur Filme über schöne Dinge zu drehen.
9 / 10 Punkte