Sonntag, 30. September 2012

Die Royal Tenenbaums [2001]

THE ROYAL TENENBAUMS

Die Familie Tenenbaum besteht aus fünf Mitgliedern: Vater Royal Tenenbaum, der sich dazu entschließt, die Familie aus nicht genannten Gründen zu verlassen; Mutter Etheline Tenenbaum, die ihre Kinder großgezogen hat; und natürlich ihre drei vielversprechenden Kinder. Chas ist bereits in jungen Jahren ein Unternehmer, der bereits im Aktiengeschäft aktiv ist. Doch nach dem Tod seiner Frau und Mutter seiner beiden Söhne, den er noch nicht überwunden hat, versucht er zwanghaft, diese vor jeder noch so kleinen Gefahr zu beschützen. Dann gibt es Richie, den jüngsten Bruder, der ein vielversprechendes Tennistalent war und einige Jahre an der Weltspitze mitspielte, als junger Erwachsener aus seinem Liebeskummer gegenüber Schwester Margot einen Karriereknick erlebte und nun mit wild sprießenden Haaren und Bart über die Weltmeere segelt. Margot ist die letzte im Bunde, eine Adoptivtochter, die von Royal nie als richtige Tochter anerkannt wurde und darunter zu leiden hatte. Auch vor ihr lag eine vielversprechende Karriere als Pianistin, die sie jedoch schon früh zugunsten einer Annäherung mit ihrer echten Familie aufgegeben hatte. 
Royal Tenenbaum hatte seine Familie seit seinem Verlassen schon lange nicht mehr gesehen und als er erfährt, dass Etheline wieder heiraten möchte, obwohl ihre Ehe aber nach all den Jahren noch nicht aufgelöst wurde, setzt er alles daran, wieder Teil dieser Familie zu werden. Dies möchte er mit einer List durchsetzen, indem er seiner Familie eröffnet, binnen sechs Wochen an Krebs zu sterben.
Doch natürlich ist dies nicht so einfach wie gedacht, denn seine Kinder haben sich von ihm entfremdet, Chas verbietet ihm sogar, seine Enkelkinder zu sehen und Margot hat all die Enttäuschungen von früher noch nicht verwunden. Lediglich Richie, der durch die unerfüllte Liebe zu seiner Adoptivschwester zu einem ernsten und traurigen Menschen heranwuchs, scheint noch Gefühle für seinen Vater zu haben.
Royal versucht nun, in seinen letzten Lebenswochen all die verlorene Zeit nachzuholen, er entschuldigt sich bei seinen Kindern und verbringt viel Zeit mit seinen Enkelkindern. Nebenbei versucht er, dem Nachbarkind von früher, aus dem ein Westernautor und durch den Erfolg auch drogenabhängig wurde, von seiner Krankheit zu heilen. Außerdem sieht er ein, dass seine Ehe mit Ehetline keine Zukunft hat und gewährt ihr, ihren neuen Auserwählten zu heiraten.
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THE ROYAL TENENBAUMS
 
"Die Royal Tenenbaums" war Wes Andersons erster großer Erfolg und bereits hier konnte man seine kleinen Eigenheiten bereits erkennen. Skurrile und witzige Personen, eine außergewöhnliche Kameraführung, wunderbare kleine Einzelheiten, die beim ersten Mal Ansehen teilweise nicht einmal auffallen. Mit der Familie Tenenbaum schuf er eine außergewöhnliche Familie, die einmal zu den bekanntesten Familien gehörte, durch diverse Umstände jedoch abstürzte. Die Liebe zwischen Margot und Richie, die nicht erfüllt werden kann, da sie ja Adoptivgeschwister sind und schließlich Richie dazu bewegt, seine Kopfbehaarung zu stutzen und die Pulsadern aufzuschlitzen, ist einfach nur süß. Versteht mich nicht falsch, es ist natürlich nicht schön, wenn sich Richie umbringen möchte, aber dies wird im Film auch nicht so aufgezogen. Hier liegt er einen Tag im Krankenhaus, klettert aus dem Fenster und fährt mit dem Bus nach Hause, um sich mit Margot auszusprechen. Keine Traurigkeit, keine großspurige Schicksalsmusik im Hintergrund. Man empfindet diesen Selbstmordversuch als etwas Schönes, da sich Richie von nun an von Margot lossagen und wieder frei leben kann. 
Chas wirkt auf dem ersten Blick etwas unfreundlich, da er seine Kinder vor jeder Gefahr schützen möchte und ihnen den Kontakt mit ihrem Großvater verbietet, doch dies rührt auch nur daher, dass seine Frau bei einem Unfall verstarb. Wann immer die Sprache auf seine Frau kommt, flüchtet er aus seinem Zimmer, auch wenn er nicht zeigt, wie nahe ihm dieses Thema geht. 
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THE ROYAL TENENBAUMS

Die einzige, mit der ich nichts anfangen kann, ist Margot. Sie ist zwar mit einem Mann verheiratet, empfindet aber nichts für ihn. Sie raucht seit ihrer Jugend, ohne dass es jemand weiß, so verschlossen ist sie. Scheinbar empfindet auch sie etwas für Richie, zeigt es aber überhaupt nicht, sodass man nie weiß, was in ihr vorgeht. 
Für seinen gerade mal dritten Film hatte sich Anderson eine bemerkenswerte Darstellerriege eingeladen. Gene Hackman und Anjelica Huston (die ja in späteren Werken ebenfalls mitwirkte) als Eltern Tenenbaum, Ben Stiller, Gwyneth Paltrow und Luke Wilson als ihre Kinder. Luke Wilsons bekannterer Bruder Owen Wilson spielte den Nachbarjungen Eli Cash, dem der Erfolg zu Kopf steigt und von seiner Drogensucht geheilt werden muss. Außerdem ist noch Bill Murray als Ehemann von Margot zu sehen, zwar in einer Nebenrolle, die aber dennoch im Gedächtnis bleibt, ist er doch der Auslöser für Richies Selbstmordversuch.
 
8 / 10 Punkte

Sonntag, 23. September 2012

Taxi Driver [1976]

TAXI DRIVER

"Taxi Driver" ist ein Film, der bei mir erst bei der zweiten Sichtung funktionierte. Beim ersten Mal konnte ich nicht viel mit dem Film anfangen, da mir die Handlung zu langweilig und etwas zu langatmig geraten war und ich die Person Travis Bickle einfach nicht verstand. Doch beim zweiten Mal (im O-Ton!) ging mir plötzlich ein Licht auf und ich erkannte den Sinn hinter dem Film.
"Taxi Driver" ist ein sehr sozialkritscher Film. Wir befinden uns im Leben des Travis Bickle, einem 26-jährigen Taxifahrer, der an Schlafstörungen leidet und, wie er selber sagt, schon immer alleine war. Er lebt sozusagen für seinen Job und weiß sonst nicht viel mit seiner Freizeit anzufangen. In der Nacht fährt er die unbeliebten Nachtschichten bis in die dunkelsten Gegenden New Yorks. Dort sieht er Dealer, Mörder, Prostituierte, Drogensüchtige. Und er wünscht sich, dass etwas geschehen möge, damit all dieser Dreck ausgelöscht wird, damit die Straßen New Yorks wieder sauberer sind. Verschiedene Umstände bringen ihn dazu, sich eingehend mit dieser Theorie zu befassen und mit der Zeit steigert er sich immer mehr hinein - bis er sich Waffen zulegt und seinen Teil dazu beitragen will, New York zu säubern.

Das wohl faszinierendste Element in diesem Film ist wohl die Person des Travis Bickle, ein einsamer und unauffälliger Mann, dem man seine wahnwitzigen Ideale nicht ansehen würde. Durch den Schlafentzug fährt er 12-Stunden-Schichten und verdient jede Menge Geld, weiß aber damit nichts anderes anzufangen, als ins Pornokino zu gehen. Auch ansonsten fährt er ziellos durch die Stadt und entdeckt dabei eines Tages die junge Prostituierte Iris (Jodie Foster), der er helfen möchte.

Ich weiß wirklich nicht, ob Travis Bickle jetzt gut oder böse ist. Ja, er hat seine Eigenheiten und ist verrückt und hat Menschen getötet. Aber immerhin hat er es für eine gute Sache gemacht und wurde als Held gefeiert (auch wenn ich das nicht wirklich nachvollziehen kann). Ich glaube, das muss jeder für sich entscheiden.
An der Leistung von Robert de Niro gibt's wirklich absolut nichts zu meckern, immerhin ist dies seine Paraderolle und die wahrscheinlich beste seiner langen Karriere. Ein Oscar hätte bei ihm eigentlich locker drin sein müssen. Außerdem möchte ich ein Lob an Jodie Foster aussprechen, die mit zarten 13 Jahren diese Leistung vollbrachte und damit ihre große Karriere startete. Harvey Keitel ist als Zuhälter Sport auch mit von der Partie, allerdings in einer ziemlich kleinen Nebenrolle.
 
8 / 10 Punkte

Die Trauzeugen [2011]

A FEW BEST MEN

Schon wieder ein Hangover-Klon, und dabei nicht einmal ein guter. Der junge Brite David lernt im Urlaub seine Traumfrau Mia kennen und bei seiner Rückkehr offenbart er seinen drei besten Freunden, dass er sie heiraten wird. Natürlich dürfen die drei Chaoten Tom, Graham und Luke nicht dabei fehlen und sorgen damit für einigen Wirbel, der diese Hochzeit unvergesslich machen soll. 
Also erstens mal: Mich haben die Schnitte zu Beginn unheimlich genervt, denn ich fand sie sehr ungünstig platziert. Genau wenn man dachte, dass die Szene weitergeht, gab es plötzlich einen Szenenwechsel und das Spiel wiederholte sich.
Der ziemlich egoistische Tom und der Loser Graham, der immer die Arschkarte zieht und obendrein noch einen Hitlerbart trägt (natürlich nicht, ohne sich geschmackslose Hitlerwitze anhören zu müssen), sind genau genommen die Hauptpersonen. Davids Hochzeit stellt nur die Rahmenhandlung dar, und Tom und Graham füllen sie mit allerlei Geschmackslosigkeiten. 

Zwar fand ich ein paar Stellen wirklich lustig, weshalb ich diese Version der deutschen Katastrophe "Das Hochzeitsvideo" vorziehe. Allerdings auch alles andere als ein guter Film, den ich wohl kein zweites Mal sehen werde.
 
4 / 10 Punkte

Noch tausend Worte [2012]

A THOUSAND WORDS

Jack McQuall ist eine Quasselstrippe, die für keine Minute seinen Mund halten kann. Da kommt es ihm natürlich gar nicht gelegen, dass er von dem Guru Dr. Sinja verflucht wird: Seine Seele ist von nun an mit einem Baum verbunden, der nur 1000 Blätter trägt - und bei jedem Wort ein Blatt verliert.

Eddie Murphy ist ja dafür bekannt, seit ein paar Jährchen ein Karrieretief zu haben und versucht nun, seine Filme mit allerhand Klamauk zu füllen und Kassenschlager aus ihnen zu machen. Dieses Kunststück wird ihm wohl mit "Noch tausend Worte" nicht gelingen, denn dieser Film ist nicht mehr als eine seichte Komödie. Die Idee an sich finde ich ja nicht schlecht; Jack McCall liebt es, zu reden und kann scheinbar keine Minute still dasitzen. Dies ändert sich schlagartig, als sein Schicksal mit einem Baum verknüpft wird. Fortan verliert der Baum bei jedem Wort, das Jack von sich gibt, ein Blatt. Und was passiert mit einem Baum ohne Blätter? Er stirbt. Und so muss Jack lernen, seinen Alltag auch ohne sein nervtötendes Gerede zu meistern.
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Die Gags sind vorhersehbar und außerdem schon ausgelutscht, aber ab und zu musste ich sogar lachen. Aber die dramatischen und traurigen Momente, die Geschichte von Jack und seinem Vater Raymond, fand ich nicht nur unglaubwürdig sondern auch noch erzwungen, denn sie passten überhaupt nicht in den Film.
Ich war noch nie ein Fan von Eddie Murphy und "Noch tausend Worte" hat mir keinen Grund gegeben, daran etwas zu ändern. 
 
5 / 10 Punkte

Der fantastische Mr. Fox [2009]

FANTASTIC MR. FOX

Mr. Fox, Ehemann, Vater eines Sohnes und zudem ehemaliger Hühnerdieb, fällt wieder in alte Gewohnheiten zurück und möchte die drei größten Bauern der Umgebung ausrauben, was er mithilfe eines einfältigen Opossums bewerkstelligen möchte. Der Coup gelingt, doch die drei Bauern treffen sich zu einer Krisensitzung und schmieden einen Plan: Den Fuchsbau auszuheben und die Tiere zu töten...  
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Wenn man sich Animationsfilme aus den heutigen Tagen ansieht, merkt man, dass hauptsächlich nur mehr mit dem Computer getrickst wird; lieblose Bilder vom Computer und 3D scheinen das Maß der Dinge zu sein. Zeichentrickfilme oder gar die sonderbaren Stop-Motion-Filme scheinen ausgestorben. Doch halt: Im Jahre 2009 gab es eine Ausnahme von der Regel, denn der junge und vielversprechende Regisseur Wes Anderson lieferte mit "Der fantastische Mr. Fox" einen weiteren Beweis für sein großes Talent ab.
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Mit der Verfilmung eines Kinderbuches von Roald Dahl, kombiniert mit der ungewöhnlichen Machart, dem Stop-Motion-Verfahren, setzte sich Anderson ein kleines filmisches Denkmal. Er schafft es, die Geschichte liebevoll zu präsentieren und die wundervollen Stop-Motion-Figuren wie selbstverständlich das Leben einzuhauchen. Die Figuren sind äußerst liebevoll gestaltet, dass es eine Freude war und ich mir ziemlich sicher bin, dass dies kein Pixar Studio dieser Welt so hinbekommen hätte. Noch dazu gab es hervorragende Synchronsprecher, die Mr. Fox und seinen Freunden das Leben einhauchte. Dabei sind es vor allem namhafte Schauspieler wie Meryl Streep, George Clooney, Dauergast Jason Schwartzman, Willem Dafoe und natürlich Bill Murray, Owen Wilson und Adrien Brody, die schon in anderen Anderson-Filmen mitgewirkt haben.
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Das einzige Manko wäre wohl die Tatsache, dass sich die Figuren meiner Meinung nach etwas zu schnell bewegen und man so viele Kleinigkeiten nicht mitbekommt. Außerdem wird nicht näher auf die Figuren eingegangen, was sie bewegt, was sie denken und fühlen. Aber sind wir ehrlich: Bei diesem Film reicht das völlig aus, schließlich ist es nur ein kleiner Spaß für zwischendurch. Und das ist Wes Anderson ein weiteres Mal gelungen.
 
10 / 10 Punkte

Stolz und Vorurteil [2005]

PRIDE AND PREJUDICE

"Stolz und Vorurteil" gehört wohl zu Recht zu meinen Lieblingsliteraturverfilmungen, da meiner Meinung alles richtig gemacht wurde. Die Geschichte ist leicht verständlich und, wie das Buch, auch auf das Wesentliche beschränkt. Es wurden keine überflüssigen Personen eingeführt und man hat das Gefühl, eine Verfilmung zu sehen, der sogar Jane Austen höchstpersönlich gefallen hätte. Allgemein hält sich der Film sehr strikt an die Vorlage, angefangen mit der Unterhaltung Mr. und Mrs. Bennets über Mr. Bingley, der sich bald in Netherfield niederlassen wird und vom Plan, ihn von einer ihrer fünf Töchter den Kopf verdrehen zu lassen. 
 
Ebenso die Gesellschaft, auf der Mr. Bingley und seine Freunde zum ersten Mal auftreten: Mr. Darcy wirkt hochmütig, abweisend, Mr. Bingley herzlich und Caroline arrogant - auf Mrs. Hurst und ihren Mann wurde im Film jedoch konsequenterweise verzichtet, da sie so gut wie nichts zur Handlung beizutragen haben. Elizabeth Bennet wird vom reichen Mr. Darcy nicht für schön genug erachtet, um sie um einen Tanz zu bitten, während ihre ältere Schwester Jane mit Mr. Bingley anbändelt.
Doch schon bald, ohne Elizabeths Zutun, verliebt sich Mr. Darcy langsam aber sicher in die temperamentvolle und lebensfrohe Elizabeth. In einem dramatischen Höhepunkt des Films gesteht er seiner Angebetenen seine Liebe; diese jedoch schmettert den Antrag ab, wirft ihm Arroganz vor und erklärt, er wäre der letzte, dessen Antrag sie annehmen werde.
 
Diese Abneigung rührt von der Tatsache her, dass Mr. Darcy seinen Freund Bingley davon abhält, sich mti Jane zu treffen, da er der Ansicht ist, ihre Liebe sei nicht so groß wie die Gefühle von Bingley für sie. Außerdem ist da noch die verzwickte Sache mit Wickham, die Elizabeth in die Falle von Stolz und Vorurteil tappen lassen. Doch am Ende und nach einigen Wirrungen kommen Elizabeth und Darcy - und auch Bingley und Jane - am Schluss zusammen und heiraten.
Was den Charme des Films ausmacht ist nicht nur die Umsetzung des Buches, sondern auch die gelungene Art, den damaligen Zeitgeist auf Film zu bannen. Selten zuvor hatte ich so sehr das Gefühl, mich im 18. Jahrhundert zu befinden. Die Geschichte ist zwar romantisch, aber nicht übermäßig, man hat eher die Hälfte des Filmes das Gefühl, Mr. Darcy wie Elizabeth zu hassen, während sich die Gefühle für ihn langsam ins Gegenteil umschlagen.
Fazit: Eine Gesellschaftsstudie des 18. Jahrhunderts, gepaart mit vielen witzigen Stellen betreffend Mr. Collins und eine schöne Liebesgeschichte, wunderbar umgesetzt von Joe Wright.
 
8 / 10 Punkte

Samstag, 22. September 2012

Die Verurteilten [1994]

THE SHAWSHANK REDEMPTION
Bevor ich meine Meinung über diesen Film widergebe, werde ich mich erst mal als Stephen King Fan outen. Seit ungefähr acht Jahren bin ich von den Büchern, den Geschichten und der Erzählweise Kings sehr fasziniert. Mein erstes Buch habe ich im Alter von 13 Jahren gelesen, nachdem ich von der Idee der TV-Verfilmung durchaus angetan war: ES. Über 1000 Seiten dick, hat es mich trotzdem nicht davon abgehalten, es innerhalb von drei Tagen zu verschlingen. Ich habe in dieser Zeit praktisch nur gelesen, in der Nacht nur ein paar Stunden geschlafen und dann wieder weitergemacht. Es war so faszinierend und spannend, dass ich keine Ruhe fand, bis ich es fertig hatte. Seitdem lese ich es einmal jährlich und es ist noch genauso gut wie beim ersten Mal. 
 
In der Folge begann ich, mich mehr mit diesem mir fremden Autor auseinanderzusetzen. Es folgten Klassiker wie "Friedhof der Kuscheltiere", "Christine", "Cujo", "Feuerkind" und "Carrie". Alle diese Filme wurden verfilmt, ob erfolgreich oder nicht sei dahingestellt. Man kann wohl allgemein sagen, dass Stephen King Verfilmungen weniger erfolgreich sind, was vor allem der trashigen Machweise der 80er Jahre zu verdanken ist. 
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Doch zum Glück gibt es Ausnahmen, wie zum Beispiel "Shining" von Stanley Kubrick und "The Green Mile" und "Die Verurteilten" von Frank Darabont. 
Der Film beruht in diesem Fall nicht auf einen kompletten Roman, sondern auf eine Novelle, ähnlich wie bei "Stand by me" - nur mit dem Unterschied, dass die Handlung viel mehr hergibt. Eine Geschichte über einen zu Unrecht eingesperrten Menschen, der versucht, an der Brutalität des Gefängnisalltages nicht zu zerbrechen, ist einfach besser als eine Geschichte über vier kleine Jungen, die durch die Pampa laufen, um eine Leiche in natura zu sehen.
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Die Geschichte über den Banker Andy Dufresne, der beschuldigt wird, im alkoholischen Zustand seine Frau und ihren Geliebten erschossen zu haben und zweimal lebenslänglich verurteilt wird, 19 Jahre unschuldig absitzt und schließlich einen Ausbruch wagt, bewegt und berührt. Dies liegt vor allem an den beiden hervorragenden Hauptdarstellern: Ein herausragender Tim Robbins als Andy Dufresne und Morgan Freeman als sein bester Freund Red, der ihm um nichts nachsteht. Diese Männerfreundschaft wirkt authentisch angesichts der großen Unterschiede ihrer Wesen; Andy ist introvertiert und eher verschlossen, aber brilliant, und Red ist herzlich und offen. Natürlich könnte man auch hier sagen, dass Morgan Freeman wieder mal sich selbst spielt (denn seien wir ehrlich, er spielt immer dieselbe Rolle) aber wenistens macht er es in einem überragenden Rahmen. Beide hätten mindestens eine Oscarnominierung erhalten sollen, wobei ich mich doch wundere, wieso "Die Verurteilten" bei den damaligen Oscarverleihungen so schamlos übergangen wurde. Im Nachinein ist er doch im Internet zum absoluten Nummer 1 Film avanciert, sogar noch vor "Der Pate" und "Zwei glorreiche Halunken". Verstehe einer mal die Academy.
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THE SHAWSHANK REDEMPTION
 
Es war ein geschickter Schachzug von Darabont, den Zuschauer ebenfalls etwas im Dunkeln zu lassen. So weiß man bis zum Auftauchen von Tommy Williams nicht hundertprozentig, ob Andy wirklich unschuldig ist oder nicht. Immerhin wurde am Anfang gezeigt, wie Andy betrunken aus dem Auto stieg, mit einer Pistole in der Hand. Ebenso wurde es am Ende gehandhabt: Andy geht in seine Zelle und starrt auf das Stück Seil in seiner Hand. Jeder, der den Film noch nicht gesehen hat und es nicht besser weiß, tippt natürlich darauf, dass sich Andy in seiner Zelle erhängen wird. Deshalb ist der Twist umso wirkungsvoller, der mich jedes Mal wieder begeistern kann. 
 
Fazit: Ein hervorragender Film, eine Stephen King Verfilmung, die besser ist als ihre Vorlage. Ein Film, nach dem man sich etwas besser fühlen wird. Ich jedenfalls hatte in der letzten Szene am Strand, als sich Red und Andy in der Freiheit wiederbegegnen, ein breites Grinsen im Gesicht und Tränen in den Augen. 
 
10 / 10 Punkte

Donnerstag, 20. September 2012

Ziemlich beste Freunde [2011]


INTOUCHABLES



Der reiche, aber querschnittsgelähmte Philippe sucht einen Pfleger. Auch der frisch aus dem Knast entlassene Driss bewirbt sich, allerdings nur, um eine weitere Absage zu sammeln und so das Arbeitslosengeld kassieren zu können. Doch zu seiner Überraschung ist Philippe von Driss' extrovertierter Art sehr angetan und stellt ihn kurzerhand ein. Eine wunderbare Freundschaft entsteht...
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Ja, ich weiß, dass "Ziemlich beste Freunde" schmalzig und übertrieben ist und zu sehr versucht, dem Zuschauer zu gefallen; aber verdammt nochmal, dieser Film ist einfach nur schön! Schon die ersten Minuten gefallen: In einer Vorausblende sieht man die Hauptfiguren Dris und Philippe in einem teuren Auto durch die Stadt fahren, eine schönes Klavierstück im Hintergrund. Driss, der Fahrer, steigt auf das Gas und rast durch das nächtliche Paris. Eine Wette, deren Sinn man zuerst nicht versteht. Sie wetten um Geld, dass sie eine Eskorte bekommen. Eine Eskorte? Wieso? Wozu? Doch wenn man weiterschaut, erfährt man, was damit gemeint ist... und wieso "Ziemlich beste Freunde" zugleich einer der lustigsten Filme des Jahres 2012 ist.
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Der Film, der im französischen Original einfach nur "Intouchables" heißt, war in Frankreich ein Erfolg und auch in Deutschland ein Überraschungshit mit mehreren Millionen zufriedenen Zuschauern. Es scheint nur wenige negative oder unzufriedene Stimmen zu geben, und wieso auch nicht? Man bekommt eine perfekte Mischung aus Humor, Drama und Tragikomödie präsentiert, unterstützt durch die wirklich bewegende Geschichte, einer Freundschaft zwischen zwei scheinbar grundverschiedenen Menschen.
Auf der einen Seite haben wir Philippe, ein Mann mittleren Alters, der aufgrund eines Paragliding-Unfalles querschnittsgelähmt ist, aber dank seines Vermögens ein Leben in Luxus verbringen kann. Er ist etwas ernst, ruhig und interessiert sich sehr für Kunst und klassische Musik.
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Auf der anderen Seite haben wir Driss, ein junger Schwarzer, der aus ärmlichen Verhältnissen kommt und vor seiner Anstellung bei Philippe sechs Monate im Knast saß. Er scheint stets einen coolen Spruch oder Witz auf den Lippen zu haben. Er ist es, der sämtliche Lacher des Films für sich verbuchen kann.
Gerade die großen Unterschiede zwischen diesem ungewöhnlichen Gespann sorgt für viele schöne Szenen des Filmes, etwa wenn Driss den verklemmten Philippe dazu überredet, sich mit seiner Brieffreundin zu treffen, oder wenn sie mit Philippes Rollstuhl durch den Park flitzen. Noch dazu ist der Film gespickt mit Zitaten, sodass man an dieser Stelle ein wahres Zitatfeuerwerk loslassen könnte. 

INTOUCHABLES


Ich begnüge mich allerdings mit diesem hier, wofür ich kurz die Szene erklären möchte: 
Driss und Philippe sind in einem Museum, Philippe starrt auf ein weißes Gemälde mit roten Farbspritzern drauf. Driss ist sichtlich gelangweilt und versteht nicht, wie man stundenlang auf ein solch ödes Gemälde starren kann. Philippe möchte das Gemälde jedoch kaufen und fragt die Mitarbeiterin, die neben ihm steht, nach dem Preis. 
"30.000 Euro", ist ihr Kommentar, was Driss ganz und gar nicht verstehen kann. Er entrüstet sich, deutet auf das Gemälde und fragt: "Da hat irgendein Typ Nasenbluten und verlangt dafür 30.000 Euro?!"

Wahrscheinlich ist dieses Zitat nur im Zusammenhang mit der Szene lustig, aber ein Versuch war es wert. "Ziemlich beste Freunde" ist wahrlich einer der besten Filme dieses Jahres, ein wunderbarer Feel-Good-Movie, an dem kein Remake dieser Welt (auch kein US-amerikanisches) heranreichen wird.
 
9 / 10 Punkte

Samstag, 8. September 2012

Manhattan [1979]

MANHATTAN

Mit Manhattan hat sich Woody Allen endgültig von seinen früheren pubertär erscheinenden Klamaukfilmen gelöst, hin zu erwachsenen Liebesfilmen, für die Woody Allen heute bekannt ist.
Manhattan stellt praktisch eine Liebeserklärung an seine Heimatstadt New York dar. Dies wird besonders zu Beginn ersichtlich, wenn man Woody bzw. sein Alter-Ego Isaac auf dem Off etwas zitieren hört, im Hintergrund Schwarz-Weiß-Bilder der Wolkenkratzer und Straßen New Yorks. Dass der komplette Film in diesem Schwarz-Weiß gehalten ist, gibt ihm eine besondere Note, mehr Atmosphäre.

Zur Handlung gibt es nicht viel zu sagen, immerhin ist es ein Woody Allen Film. Isaac ist ein neurotischer, gebildeter Mann mit etwas verschrobenen Weltansichten. Er lernt die ebenfalls gebildete, aber etwas eingebildete Frau Mary kennen, verliebt sich in sie. Diese geht jedoch zu ihrem Exfreund zurück, der wiederherum Isaacs bester Freund ist. Seine Exfrau, die mittlerweile in einer homosexuellen Partnerschaft lebt, veröffentlicht ein Buch über ihre misslungene Ehe. Und da gibt es noch die 17-jährige Tracy, die in Isaac zwar verliebt ist, er ihre Liebe  jedoch aufgrund des hohen Altersunterschieds nicht erwidern kann...
Wo Woody Allen drauf steht, ist auch einer drin. Wir bekommen wieder die ganze Palette geboten, inklusive Beziehungen, den Sinn dieser und die Frage, wieso eine perfekt erscheinende Beziehung am Ende doch in die Brüche geht. All das wird von den tollen und sehr intelektuellen Dialogen gestützt, gewürzt durch den herrlichen Sarkasmus, den Allen sowieso meisterhaft beherrscht.
 
7 / 10 Punkte

Burn After Reading - Wer verbrennt sich hier die Finger? [2008]

BURN AFTER READING

Nach dem überragenden, aber doch sehr ernsthaften "No Country for old Men" kehrten die Coen Brüder zu ihren klassischen Komödien à la "The Big Lebowski" oder "O Brother, where art thou?" zurück. Aber natürlich ist dies keine klassische Komödie in dem Sinne, schließlich sprechen wir hier von den Coen Brüdern. "Burn After Reading" bietet eine einfach gestrickte, aber vollkommen sinnlose Story mit belanglosen, aber sehr skurrilen Figuren. 
Im Grunde geht es um Osbourne Cox (John Malkovich), der für die CIA arbeitet, aber wegen seines nicht vorhandenen Alkoholproblems rausgeschmissen wurde. Er beschließt, sich mithilfe eines Buches an seinen ehemaligen Arbeitsgebern zu rächen. Gleichzeitig hat seine Frau Katie (Tilda Swinton) eine Affäre mit dem ehemaligen Finanzministeriums-Bodyguard Harry (George Clooney), dessen Frau wiederherum sich von ihm scheiden lassen möchte und ihn Tag und Nacht überwachen lässt. 
Da sich Katie ebenfalls von ihrem Mann Osbourne zugunsten ihrer Affäre mit Harry scheiden lassen möchte, übergibt sie dem Scheidungsanwalt sämtliche Inhalte von "Ozzys" Computer, einschließlich dessen Memoiren. Seine Gehilfin lässt diese auf CD gebrannten Informationen in einem Fitnessstudio liegen, wo schließlich die beiden einfältigen Angestellten Chad (Brad Pitt) und Linda (Frances McDormand) darauf stoßen. 

Von hier an kommt die Geschichte von selbst ins Rollen: Linda wünscht sich eine Reihe von Schönheitsoperationen, weshalb sie Chad dazu überredet, Ozzy mit seinem "Geheimdienstscheiß" zu erpressen. Dieser lässt sich allerdings nicht auf das Kasperltheater ein, weshalb sich Linda und Chad an die russische Botschaft wenden. Währenddessen lernen sich Linda und Harry über das Internet kennen, weshalb das gesamte Beziehungsgeflecht für die zuständigen CIA-Agenten sehr schwer zu verstehen ist. 
Am Ende des Filmes sind sich beide einig, dass sie nicht verstanden haben, was passiert ist, aber es dürfe nie wieder vorkommen. Toll.
 
BURN AFTER READING

"Burn After Reading" kann zu großen Teilen wirklich punkten, meistens wenn Chad und Lina als Team agieren, denn ich fand Brad Pitt in diesem Film wirklich herrlich komisch. Was ich allerdings nicht verstanden habe, ist Harrys Dildostuhl. War der für die Handlung irgendwie notwendig? Schließlich hackt er ihn ja später zu Kleinholz als er erfährt, dass sich seine Frau von ihm scheiden lassen will. Ach, ich weiß nicht. 
Zu den Darstellern lässt sich nicht viel sagen, Brad Pitt war brilliant, der Rest höchstens nervig bis belanglos. Am meisten hat mich wohl John Malkovich genervt, warum muss der auch immer so rumbrüllen? Außerdem ist er gar nicht die Hauptfigur, eher sind es seine Memoiren, die die Handlung immer weiter vorantreiben, ein McGuffin sozusagen.
 
Fazit: Eine Spionagekomödie, die sich selbst nicht allzu ernst nimmt. Wenn man ein Fan der Coen-Brüder ist, hat man höchstwahrscheinlich seinen Spaß mit diesem Film.
 
6 / 10 Punkte

Freitag, 7. September 2012

Mr. Smith geht nach Washington [1939]

MR. SMITH GOES TO WASHINGTON

"Mr. Smith geht nach Washington" ähnelt dem drei Jahre älteren Film "Mr. Deeds geht in die Stadt" nicht nur vom Namen her; auch inhaltlich sind sie sich - zumindest anfangs - ziemilch ähnlich. Während in "Mr. Deeds" ein reicher Bankier stirbt und ein Nachfolger und Erbe gesucht wird, ist es hier ein Senator eines nicht genannten Bundesstaates, dessen Nachfolger fieberhaft gesucht wird. Durch einen Zufall kommen sie auf Mr. Smith, einen örtlichen Helden und Anführer einer Pfadfindergruppe. Wie man auf die Idee kommt, ausgerechnet diesen Mann, der von der Politik überhaupt keine Ahnung hat, als Senator einzusetzen, bleibt mir übrigens schleierhaft.
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Mr. Smiths offensichtliche Defizite in der Politik werden durch seinen unerschütterlichen Glauben an das Gute im Menschen, der Wahrheitsliebe und - ganz besonders - seinem immensen Patriotismus und Glauben ins das Vaterland wieder wettgemacht. Dazu kommt, dass er, wie Mr. Deeds übrigens, ein ziemlicher Kindskopf ist und für alle möglichen trivialen Dinge in Begeisterungsstürme ausbrechen kann. So ist er bei seiner Ankunft in Washington vom gut sichtbaren Kapitol so fasziniert, dass er ausbüchst und die Stadt erkundet, während er von seinen Aufpassern gesucht wird. 
Das war's aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten mit Mr. Deeds, denn Mr. Smith ist ein viel sympathischerer und wärmerer Typ, seine Naivität und Gutherzigkeit sind erschlagend. Allgemein fand ich James Stewart gelungener als Gary Cooper. Während Stewart immer etwas ausschweifend und leidenschaftlich spielt, wirkt Cooper immer etwas zurückhaltender und ruhiger. 
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Jean Arthur, die in beiden Filmen die Frau an der Seite der Hauptfigur verkörperte, wirkt in "Mr. Smith" viel sympathischer, alleine deshalb, weil sie nicht ständig versucht, die Hauptfigur bloßzustellen. Hier spielt sie eine selbstbewusste Frau, die Mr. Smith in einem tollen Filmhöhepunkt, dem 23-stündigen Filibuster, wild wedelnd und deutend zur Seite steht. 
Fazit: "Mr. Smith geht nach Washington" ist ein toller Film, der vor allem von dem sympathisch agierenden James Stewart lebt. Allerdings ist mir sein Patriotismus manchmal zu übertrieben, wenn er etwa Lincholn-Zitate auswendig herunterbetet oder es nicht fassen kann, dass es in seinem gelobten Vaterland so korrupte Menschen in der Politik gibt.
 
8 / 10 Punkte

Donnerstag, 6. September 2012

Das verlorene Wochenende [1945]

THE LOST WEEKEND

Wenn es darum geht, Menschen zu zeigen, wie sie Drogen nehmen und nach und nach die Kontrolle über den Konsum verlieren und in die Sucht abrutschen, hat Hollywood schon viel vorgemacht. Wer kennt nicht das sagenhafte "Requiem for a Dream", "Trainspotting" oder (etwas unbekannter) "Candy" mit Heath Ledger? Sie alle handeln vom sozialen und mentalen Absturz, der mit übermäßigem Drogenkonsum einher geht.
Aber welcher Film hat sich schon ernsthaft mit Alkoholkonsum beschäftigt? Nach langem Überlegen fällt mir eigentlich nur einer ein: "Das verlorene Wochenende" aus dem 1945 - und das traurige daran ist, dass das Thema aktuell wie eh und je ist und selbst nach 70 Jahren hat es nichts an seiner Brisanz verloren.
 
Don Birnam ist eigentlich ein ganz lieber Kerl, der von seinen Mitmenschen hoch geschätzt werden würde, wäre da nicht ein großes Problem: Er ist ein arbeitsloser Alkoholiker. Zum Gewohnheitstrinker wurde er, als er eine Schreibblockade hatte - ein schlimme Lage für einen Schriftsteller. Don sieht sich selbst als Verlierer, er hasst sich und fände es wohl am besten, wenn man ihn einfach aufgeben würde. Doch daran denken sein Bruder Wick und seine stets an das Gute glaubende Freundin Helen nicht. Sie wollen mit ihm für das Wochenende auf das Land fahren, damit sich Don von seinem letzten Absturz erholen kann. Doch dieser denkt gar nicht daran; durch eine List kann er die beiden für drei Stunden aus der Wohnung locken, während er sich auf dem Weg zu seiner Stammkneipe macht, um sich seine tägliche Dosis abzuholen. Durch ein Missgeschick verpasst er den Zug aufs Land, weshalb er nun für das ganze Wochenende alleine ist - ohne Bezugspersonen, die ihn vom Alkoholkonsum abbringen könnten...
THE LOST WEEKEND

Was uns dieser Film präsentiert, ist erschreckend angesichts seines Wahrheitsgehalts. Wir haben diese Bezugsperson Don Birnam und sehen zu, wie er langsam in seinen Alkoholsumpf versinkt, bettelt, stiehlt und flieht, um an seinen Stoff zu kommen. Für ihn gilt nichts mehr, kein Denken, keine Moral, nichts, nur Alkohol. In den schlimmsten Szenen landet er in einem "Auffanglager" für Alkoholiker in einem Krankenhaus, wo er in der Nacht die Horrorvisionen der anderen Patienten mitanhören muss. Ein Patient beginnt mitten in der Nacht zu schreien, er befreit sich von der Decke und versucht scheinbar, für andere unsichtbare, aber für ihn durchaus reale Käfer zu entfliehen, die aus der Decke und ihm schließlich in den Mund krabbeln, bis er fortgeschafft wird. Birnam kann aus dem Krankenhaus fliehen, der Zuschauer jedoch nicht. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich von diesen Szenen ziemlich geschockt war, denn so deutlich wurde mir noch nie vor Augen geführt, welche Visionen durch den Entzug ausgelöst werden können. Auch Birnam hat kurze Zeit später zuhause selbst seine erste Vision und beginnt plötzlich hysterisch zu schreien... 

Fazit: Ein extrem guter und wichtiger Film, dessen Genialität nur durch die Tatsache geschmälert wird, dass Dons Freundin eine zu gute Seele ist, um wirklich real zu sein. Ich meine, früher oder später hätte jede Frau aufgegeben, angesichts dieser verlorenen Person, der nicht mehr geholfen werden kann. Sehr unrealistisch übrigens wirkt das dank dem Production Code aufgezwungen wirkende Happy End. Aber vermutlich ist es sowieso ein Wunder, dass der Film damals überhaupt erschien, angesichts der Problematik und dem Trend nach dem Krieg, nur Filme über schöne Dinge zu drehen.
 
9 / 10 Punkte

The New World [2005]

THE NEW WORLD

Eines habe ich mittlerweile über Terrence Malicks Filme gelernt: Sie sind alles andere als leicht zugänglich für den Zuschauer. Andere Filme bestechen durch ihre einfache, einprägsame Story, überzeugenden Schauspielern oder kultigen Dialogen. Wenn man im Begriff ist, einen Malick Film zu sehen, weiß man, dass man atemberaubende Bilder und die schönsten Momente, die je auf Zelluloid gebannt wurden, sehen wird - aber keine besondere Story, die mit zig Überraschungsmomenten aufwarten kann. 
Denn auch bei "The New World" stellt die einfache Handlung den einzigen Defizit dar, wobei das hier nichts Schlechtes heißen muss. Viel mehr bedeutet es, dass die Schauspieler und der Rest einfach besser gelungen ist. 
"The New World" befasst sich hierbei mit der weltberühmten Pocahontas-Geschichte, der Liebe zwischen einer Ureinwohnerin Amerikas und einem britischen Siedler namens John Smith. Die historischen Figuren gab es tatsächlich, doch der Wahrheitsgehalt an der romantisch verklärten Beziehung zwischen Pocahontas und Smith darf stark angezweifelt werden.
 
Der Film spielt zu Beginn des 17. Jahrhunderts, als John Smith gemeinsam mit anderen Siedlern die Küste Virginias erreicht und dort die Siedlung Jamestown errichtet. Es wird schnell klar, dass die Siedler auf die Unterstützung der dort ansässigen Indianer angewiesen sind, falls ihr Proviant knapp werden sollte. Smith wird zum König geschickt, wird jedoch auf dem Weg von Indianern überrascht und gefangen genommen. Der König befiehlt den Tod John Smiths, um die Eindringlinge abzuschrecken, jedoch wirft sich in letzter Sekunde die jüngste Tochter des Königs, Pocahontas, auf Smiths Brust, um ihn zu schützen. Er bleibt einige Zeit im Indianerdorf und lernt, dass die Indianer ein friedfertiges Leben führen und Gefühle wie Gier und Eifersucht nicht kennen. Pocahontas und John verlieben sich ineinander, doch John weiß, dass er wieder zurück zu seiner Siedlung muss, und dass dieser wunderbare Zustand der Liebe und des Glücks nur von kurzer Dauer ist...
THE NEW WORLD

Wie zu Beginn angemerkt, ist die Story wirklich nichts Besonderes, einfach eine Liebesgeschichte bzw. Dreiecksbeziehung in einem anderen Setting. Die Bilder sind, wie nicht anders von Kameramann Emmanuel Lubezki zu erwarten, atemberaubend und tragen eine Menge zur ruhigen Atmosphäre des Films bei. Der ruhige Score ist nicht aufdringlich und passt perfekt zum Setting.
Doch was wäre ein Film ohne die Schauspieler? Am meisten überrascht hat mich wohl Colin Farrell als Abenteurer John Smith. Farrell hatte ich bisher entweder in schlechten Komödien oder CGI-geladenen Actionkrachern gesehen und so war ich umso mehr von seinem mir ungewohnten ruhigen Spiel angetan. Keine Ausbrüche oder Overacting, ja, sogar das Gegenteil ist der Fall. Fast keine Worte, nur die Stimme aus dem Off (die ich jedoch zu mysteriös fand, um mich mit ihr ernsthaft zu beschäftigen) sind zu hören. Die Rolle der schönen Indianerprinzessin wurde mit einer Neuentdeckung besetzt, Q'orianka Kilcher, der es mühelos gelingt, neben Farrell zu bestehen und ihrer Figur eine zauberhafte Aura zu verleihen.
In den Nebenrollen gibt es nur noch zwei erwähnenswerte Schauspieler: Christian Bale als Tabakbauer und späterer Ehemann Pocahontas' und Christopher Plummer, der jedoch leider nicht viel Screentime bekommen hat, um wirklich aufzufallen.

Fazit: Malick ist wieder einmal ein magischer Film gelungen, wobei man die Kamera, die so schöne und magische Bilder vermittelt, wohl am meisten herausheben sollte. Zwar sind die Bilder nicht ganz so schön wie im späteren Film "The Tree of Life", aber zu sehen, wie Pocahontas mit ihrem Bruder durch die Wiese hüpft oder sie und John Smith sich langsam näherkommen, gehören klar zu den Höhepunkten des Films.
 
8 / 10 Punkte

Samstag, 1. September 2012

Memento [2002]

MEMENTO


Wahrscheinlich ist es sowieso unmöglich, diesen Film und alles, was mit ihm zusammenhängt, in Worte zu fassen bzw. zu erklären, aber ich versuche es trotzdem mal. 
Leonard Shelby, ehemaliger Ermittler in Versicherungsfragen, ist auf der Suche nach dem Vergewaltiger und Mörder seiner Frau. Das Problem: Bei dem Überfall wurde sein Kurzzeitgedächtnis zerstört, er kann sich Dinge für nur 15 Minuten merken, ehe er es vergisst. Um auf der Suche nach dem Mörder keine Einzelheiten oder mögliche Spuren auf einen Aufenthaltsort zu vergessen, tätowiert er sich wichtige Dinge auf seine Haut oder schießt Bilder von Personen, um sich Wichtiges zu notieren. 
 
Doch damit dieses ganze System aufgehen kann, hat sich Regisseur Christopher Nolan etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Die ungewöhnliche Erzählstruktur, denn es gibt zwei Handlungsstränge. Einer verläuft ganz normal in Schwarz-Weiß, in denen Leonard in seinem Hotelzimmer sitzt und einer unbekannten Person am Telefon von Sammy Jankins erzählt.
Der andere zieht sich über den ganzen Film hin, ist in Farbe gehalten, doch es gibt eine Besonderheit. Der Beginn des Films stellt gleichzeitig das Ende von Leonards Rachefeldzug dar. Hört sich merkwürdig an, ist aber ganz einfach: Man sieht immer nur Ausschnitte aus Leonards Erinnerung, da diese nach 15 Minuten wieder von vorne anfängt. Daraufhin sehen wir, was vor diesem Abschnitt passierte, sodass man nach ein paar Minuten gar nicht mehr weiß, was man zu Beginn des Filmes sah. Durch diesen Trick wurde erreicht, dass man den Film wie die Hauptfigur erlebt und man kann sich nicht mehr erinnern, was zu Beginn geschehen ist.
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MEMENTO


Dass Leonard seine Notizen zu bestimmten Personen, etwa Nathalie, Teddy oder Dodd, immer wieder falsch deutet, erfahren wir erst im Laufe des Filmes, wenn wir sehen, was die Absichten der jeweiligen Personen sind. Da man vorher nichts darüber wusste, ist Leonards Handeln vorerst rational; nachher erfahren wir aber, dass diese Person ihn etwa nur ausnutzen wollte, woran sich Leonard wiederherum aber nicht mehr erinnern kann. 
Ich sehe, wohin das führt: Ich weiß schon selbst gar nicht mehr, was alles passiert ist und gesagt wurde. Daher fand ich den Kniff, sozusagen Lennys Erinnerungsvermögen nachzuempfinden, als einen von Nolans besten Einfällen zu diesem Werk.
Die Auflösung am Ende des Filmes bzw. zu Beginn der ganzen Odyssee ist ein kleiner Mindfuck für mich, Nolan versteht halt sein Handwerk. Guy Pearce als Leonard Shelby fand ich wirklich großartig, seine wohl beste Rolle. Alle anderen, darunter Sammy, Nathalie und Teddy, fand ich in ihrem Rahmen ausreichend.
Fazit: Zwar kann der Film nicht über ein paar Längen hinwegtäuschen, aber dank der innovativen Erzählstruktur und der äußerst spannenden Geschichte ist Christopher Nolan mit seinem zweiten Werk ein richtig guter Film gelungen.
 
9 / 10 Punkte