Donnerstag, 29. November 2012

Mulholland Drive [2001]





Immer, wenn ich offenbare, dass ich noch nie einen Lynch gesehen habe, kommt mir immer ein ungläubiges "Was?" entgegen, gefolgt von einem "Den musst du unbedingt nachholen!". Warum, hat mir niemand erklärt. Vermutlich, weil sie es selber nicht in Worte fassen können, was genau an Lynchs Filmen so faszinierend ist.
Okay, ich habe schon vorher einen Film von ihm gesehen, nämlich "The Straight Story", und der ist so unkryptisch, verständlich, logisch und dadurch untypisch, dass er schon fast kein Lynch mehr ist.

Eines langweiligen Dienstagabends beschloss ich, mir "Mulholland Drive" anzusehen. Er soll ja Lynchs bester sein, weshalb ich ihn mir vor über einem Jahr gekauft, aber nie wieder angerührt hatte. Und heute, fast eine Woche später, bin ich noch immer nicht aus dem Film schlau geworden. Bis zu der letzten halben Stunde hatte ich das Gefühl, den Film verstanden zu haben und wunderte mich schon, wieso er immer als Mindfuck bzw. Film, den man beim ersten Mal nicht versteht, bezeichnet wird.
Und dann... BAMM! Kam der fette Mindfuck, wo ich mit offenem Mund auf dem Bett saß und nicht wusste, was ich denken sollte. Wo war Betty hinverschwunden? Warum kam dann Bettys Tante rein, die doch ein paar Tage vorher verreist war? Wer waren die zwei Alten am Flughafen, die mir im Auto Angst einjagten, wie sie mit künstlich verzerrten lachenden Mündern saßen und später als Miniaturfiguren wieder auftauchten? Wo sollte ich das Monster hinter dem Café einordnen? Wieso wird Adam ständig dazu gezwungen eine bestimmte Schauspielerin für seinen Film zu engagieren? Wer sind diese Typen überhaupt?

"Mulholland Drive" erklärt einem nichts und man wird am Schluss einfach ratlos sitzen gelassen und Lynch lässt den Zuschauer selber nachdenken. Einer jener Filme, den man öfter als einmal sehen muss, um ihn wirklich begreifen zu können, und selbst dann ist es keine Selbstverständlichkeit. Ein Meisterwerk? Das kann ich jetzt nicht sagen, bin noch zu ratlos. Ich vergebe mal wagemutige acht Punkte, die je nach Bedarf nach der Zweitsichtung erhöht werden können.

Montag, 26. November 2012

Die Kunst zu gewinnen - Moneyball [2011]



Eines vorneweg: Ich kann als Frau mit Sportfilmen überhaupt nichts anfangen. Irgendwie verlaufen sie doch alle gleich, es gibt ein Team, das jeder unterschätzt, es trainiert und verliert gemeinsam, hält aber zusammen und gewinnt am Ende des Filmes irgendein wichtiges Spiel. Diese Formel lässt sich mit jeder beliebigen Sportart verbinden, sei es Fußball, Football oder eben Baseball.
Verständlich, dass "Moneyball", den ich mir mal spontan mitgenommen hatte, mehrere Monate lang ungangetastet in meinem DVD-Regal stand. Gestern wurde ich aber in einem Podcast aufgrund der hohen Töne neugierig und hab ihn eingeworfen.
:
Zum Glück, muss man schon sagen, ist er kein gewöhnlicher Sportfilm geworden. Der Kampf wird hier nicht auf dem Spielfeld, sondern in der Managementebene eines bekannten Baseballvereins ausgetragen. Billy Beane, der in seiner Jugend ein vielversprechendes Baseballtalent war, diese Erwartungen aber nie erfüllen konnte und sich zum Manager der Oakland Athletics hochgearbeitet hat, durchlebt gerade eine harte Zeit, denn drei seiner besten Spieler wechseln zu prestigeträchtigeren Vereinen. Natürlich gilt es, sofort einen guten Ersatz für die Spieler zu bekommen, doch während die vereinsinternen Scouts auf traditionelle Merkmale setzen, entwickelt Beane mithilfe des Yale-Absolventen Peter Brand ein System, wodurch er billige Spieler findet, die beim klassischen Auswahlverfahren durchgefallen sind.
Beans Kampf gegen die vereinsinternen Kritiker und sein großes Ziel, seine Mannschaft zum Sieg zu führen, finden letztendlich ein gutes Ende, indem die Oakland A's zwanzig Mal in Folge Siege feiern und die Scouts und Trainer im Verein damit ruhigstellen und überzeugen kann. 



Die wenigen Szenen, die auf dem Spielfeld spielen, etwa bei dem wichtigen Endspiel, sind wirklich mitreißend und spannend. Ich freute mich aufrichtig, als Hatteberg seinem Team den 20. Sieg in Folge brachte. Allgemein kann man sagen, dass "Moneyball" ein sehr gut inszenierter Film ist, den man jedoch nicht wirklich einordnen kann. Er ist zwar ein Sportfilm, aber irgendwie auch nicht. Er beinhaltet zwar ein paar Dramaelemente, diese herrschen jedoch nicht vor. Was man aber sagen kann, ist, dass "Moneyball" ein sehenswerter Oscar-Beitrag ist, dem man seine Nominierung sogar gönnt.

Ein weiteres Lob muss ich Jonah Hill zusprechen, von dem ich bisher nicht viel gehalten hatte, hatte er doch Schundwerke wie "Bad Sitter" oder "The Watch" verbrochen. Aber wenn er sich mal zusammenreißt und zeigt, dass er auch eine ernste Seite hat, wird er mit einer Oscarnominierung als bester Nebendarsteller belohnt. Sollte er mal öfter probieren.

"Moneyball" hat durchaus das Zeug, bei mir neun Punkte zu erreichen. Jedoch war der Film aufgrund der Baseball-Thematik und den damit verbundenen mir unbekannten Regeln und Begriffen manchmal schwer zu verstehen, worum es gerade geht. Das nächste Mal auf Deutsch, dann verstehe ich vielleicht mehr davon.

Hudsucker - Der große Sprung [1994]



Wenn man die größten Werke der Coenbrüder aufzählt, werden normalerweise "Fargo" oder "The Big Lebowski" genannt, aber "Hudsucker" wird leider gerne übergangen. Vielleicht liegt es daran, weil es der direkte Nachfolger von "Barton Fink" ist und daher die Erwartung so groß war, dass der darauf folgende Film aufgrund der hohen Erwartungshaltung nur floppen konnte. Vermutlich liegt es aber eher an der Tatsache, dass "Hudsucker" den geneigten Coen-Fan nicht mit einer durchgeknallten oder komplizierten Story locken kann, sondern eher eine Hommage an die Hollywoodfilme der 30er Jahre darstellt.

Alles beginnt mit dem Selbstmord von Waring Hudsucker, dem Gründer und Inhaber des Konzerns Hudsucker Industries. Während einer Versammlung aller Vorstandsmitglieder steht er auf, läuft vor den Augen der anderen Mitglieder den Tisch entlang und stürzt sich aus dem Fenster im höchsten Stockwerk des Wolkenkratzers. Doch der Schock währt nicht lange, denn Mussburger beschließt, den Posten des Firmenchefs mit einem Trottel zu besetzen, der schnell gefunden ist. Am selben Tag hatte nämlich Norville Barnes, ein naiver Bursche aus der Provinz, in der Postabteilung zu arbeiten begonnen. Sobald er zum Chef ernannt wurde, lenkt er das Interesse der Presse auf sich. Auch die ehrgeizige Amy versucht, aus Norville eine Witzfigur zu machen, indem sie sich natürlich als eine andere Person ausgibt und dafür sorgt, dass Norville ihr vertraut, während sie gehässige Artikel in der Zeitung veröffentlicht. 

Schon früh fiel mir die frappierende Ähnlichkeit zum Klassiker "Mr. Deeds geht in die Stadt" auf, der bis auf wenige Ausnahmen genauso verläuft. In beiden Filmen verstirbt der Firmenchef und es wird versucht, das Amt mit einem naiven Trottel zu bekleiden, der natürlich selbst Ideen entwickelt (in Hudsucker erfindet Norville etwa den Hula-Hoop-Reifen und das Frisbee), die ihnen so gar nicht in den Kram passen. Und natürlich gibt es auch in beiden Werken eine Femme Fatale, die sie zwar durch ihre Zeitungsartikel und den Spott erniedrigen, aber sich in ihn verlieben und zu ihm stehen. Wahrscheinlich finden sich noch andere Referenzen zu alten Hollywood-Klassikern, die ich jedoch nicht erkannte. 

Man darf "Hudsucker" nicht als Remake oder als Kopie alter Klassiker sehen, sondern ist als Hommage zu verstehen. Eine äußerst liebevolle Hommage, da der Film permanent den Charme alter Schwarz-Weiß-Filme, in denen sich am Ende immer alles zum Guten wendet, ausstrahlt. 
In der Hauptrolle darf man Tim Robbins (den ich sowieso immer klasse finde) als Norville Barnes mit einer merkwürdigen Frisur bewundern, der herrlich doof spielt, um die Naivität Barnes' zu verdeutlichen. Ebenso überzeugend gibt er den lieben Trottel, der nichts Böses will.

Donnerstag, 22. November 2012

Killer Joe [2012]



An dieser Stelle möchte ich erst mal eine Warnung aussprechen: Dieser Film ist keine Unterhaltung und kein Genuss. Man sollte sich diesen Film nicht ansehen, wenn man einen gemütlichen Abend verbringen oder einen langweiligen Nachmittag überbrücken möchte. Denn er wird euch nur schockieren, verschrecken, womöglich sogar enttäuschen. 
Oder aber man stolpert blind in das Abenteuer so wie ich, denn ich wusste rein gar nichts über die Handlung; ich wusste nur, dass der Film einen guten Ruf genießt und McConaughey seine beste Leistung seit langem zeigt. 

Kurz gefasst geht es um den Kleinkriminellen Chris (Emile Hirsch), der dem örtlichen Drogenboss ein paar Tausend Dollar schuldet. Durch Zufall erfährt er, dass die Lebensversicherung seiner Mutter 50.000 Dollar beträgt, dass die Begünstigte seine kleine Schwester Dottie ist, und dass das Geld alle seine Probleme lösen würde. Schnell ist ein Plan geschmiedet: Der berüchtigte Auftragskiller und Polizist "Killer Joe" soll seine Mutter um die Ecke bringen. Da Joe jedoch auf eine Vorauszahlung besteht und Chris und sein Vater Ansel pleite sind, kommen sie zu einer Vereinbarung: Joe will Dottie für sich haben, was Chris überhaupt nicht passt...

Das triste Bild, das hier gezeichnet wird, ist abstoßend und widerlich. Wie die Familienmitglieder miteinander umgehen, wüste Beschimpfungen, Morddrohungen, bei denen sich sogar "Familien im Brennpunkt" noch eine Scheibe abschneiden könnte. Es wird geschlagen, gespuckt, um am Schluss wird sogar noch schlimmer mit seinen Liebsten abgerechnet. Ich war ehrlich gesagt geschockt, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass der Hass zwischen einer Familie wirklich so groß sein kann, aber vermutlich bin ich da nur zu wohlbehütet. Dass der Sohn seine Stiefmutter als Schlampe bezeichnet und es auch so meint, oder dass der Vater zu seinem Sohn sagt, dass er am Besten sofort tot umfallen sollte, schockiert. Aber das ist noch gar nichts gegen die Bilder, die man in der letzten halben Stunde, die übrigens die stärkste im ganzen Film ist, vorgesetzt bekommt. Ein paar Tage konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, eine Hühnerkeule zu essen, weil ich unweigerlich an jene Szene denken musste.
Das Ende bleibt offen, an sich nichts Schlechtes und an dieser Stelle gut gewählt. Es war von vorneherein klar, dass ein Happy End bei dieser schrecklichen Atmosphäre ausgeschlossen ist.
"Killer Joe" bekam ein klares FSK 18 Rating, wofür ich ebenfalls plädiere, denn alles darunter wäre ein Witz. Ein Film, bei dem ein Warnhinweis auf der Verpackung nicht verkehrt wäre.

Sonntag, 18. November 2012

Kikujiros Sommer [1999]




Eigentlich hätte "Kikujiros Sommer" ein berührender, herzergreifender Film werden können. Alleine die Thematik müsste jeden Menschen mit Herz schon vor den Bildschirm locken: Der kleine Masao wohnt bei seiner Großmutter, weil seine Mutter in einer weit entfernten Stadt wohnt, um zu arbeiten. Als die Sommerferien beginnen und all seine Freunde in Urlaub fahren, macht er sich auf, seine Mutter zu besuchen. Als er jedoch schon ein paar Straßen weiter von drei Rowdies aufgehalten wird und um sein Geld gebracht wird, schreitet eine Bekannte von Masao ein und fordert ihren nichtsnutzigen Mann dazu auf, Masao zu dessen Mutter zu begleiten. 

Kikujiro, dessen Name erst am Ende des Films offenbart wird, ist jedoch von dieser Idee nicht besonders angetan, und beschließt, Masaos Geld zu verwetten und anschließend, das fehlende Geld wieder hereinzuspielen. Als sie schließlich doch weiterziehen, rettet Kikujiro Masao vor einem Pädophilen, sie versuchen sich relativ erfolglos als Tramper und sitzen schließlich in einer Bushaltestelle fest, die jedoch seit Jahren nicht mehr von Bussen angefahren wird. Als sie nach vielen Zwischenfällen doch zu Masaos Mutter kommen, sehen sie von der Straße aus, wie die Mutter einen Mann und einem Kind einen Abschiedskuss gibt und bis zum Gartentor begleitet. Tatsächlich hatte sie inzwischen eine neue Familie gegründet. Masao ist natürlich am Boden zerstört, was jedoch der resolute "Onkel", wie er ihn nennt, nicht akzeptieren will. Er nimmt zwei Bikern ein Glöckchen ab, das er Masao schenkt. Dieser soll es immer läuten, wenn er sich einsam fühlt. 

Zusammen geht es wieder zurück nach Tokio, wo sich Kikujiru auf dem Weg einem Jahrmarkt, wo gerade O-Bon gefeiert wird, bei den Schaustellern unbeliebt macht und schließlich verprügelt wird. Die Reise gipfelt in einem Ausflug zum See, wo sie die Biker und einen Herumreisenden wiedertreffen und sich alle bemühen, Masao wieder aufzumuntern. 
"Kikujiros Sommer" ist ein Roadmovie, der alle typischen dieses  Genres in sich vereint: Viel Straße und viele skurrile Begegnungen. Diese sind zwar herrlich verrückt, was sich besonders auf dem letzten Ausflug wiederspiegelt, aber eigentlich bleiben diese Figuren blass und für den Zuschauer uninteressant. Der einzige, der wirklich überzeugen und berühren kann, ist Takeshi Kitano als raubeiniger Kikujiro, ein Ex-Yakuza, der wenig von den japanischen Tugenden Höflichkeit und Ehre hält. Er flucht, raucht, trinkt und beschimpft gerne andere Menschen, doch er beschützt Masao wo er nur kann. Der Darsteller des kleinen Masao ist leider ein Fehlgriff, da er überhaupt kein Talent für das Schauspielern zu besitzen scheint und man sich ständig an ein Schultheater denken muss.
"Kikujiros Sommer" mag zwar Kitano-Anhänger begeistern, mich hat er jedoch stellenweise ziemlich kalt gelassen.

Kick-Ass [2010]




Dave Lizewski ist eigentlich ein ganz normaler Teenager. Er geht auf die High School, hängt mit seinen Freunden am liebsten im Comicladen ab und ist in seine Mitschülerin verliebt. Er wird als typischer Loser häufig ausgeraubt und stellt sich eines Tages selbst die Frage, wieso noch niemand versucht hat, den Superhelden in Comics nachzueifern. Dave besitzt zwar keine nennenswerten Fähigkeiten - außer dass er nach einem Unfall unempfindlich gegen Schmerzen ist und mehr Prügel einstecken kann - aber er beschließt trotzdem, als Kick-Ass den Bewohnern New Yorks zu helfen. 
 
Als er einen Mann vor seinen drei Verfolgern rettet, wird dies von einem Passanten gefilmt und ins Internet gestellt. Über Nacht ist Kick-Ass eine Berühmtheit und bekommt über Nacht tausende Freundschaftsanfragen auf Myspace. Auch der lokale Drogenboss Frank D'Amico wird auf ihn aufmerksam, als er fälschlicherweise annimmt, dass Kick-Ass ein paar seiner Männer aus dem Weg geräumt haben soll...

"Kick-Ass" ist eine erfrischende Comicverfilmung, die moderner wirkt als alles, was davor und danach gekommen ist. Er beginnt zwar als typische Teeniekomödie, in dem Daves typische Probleme, etwa seiner Unsichtbarkeit gegenüber dem weiblichen Geschlecht thematisiert wird, was sich jedoch schon bald ändert. Denn das FSK 16 Rating ist nicht ohne Grund auf der DVD-Hülle: Kick-Ass ist blutig und brutal und für Kinder nicht geeignet. Spätestens bei der Szene, in der Dave Rasul in seiner Wohnung aufsucht und schließlich von Hit Girl gerettet wird und diese einen Schurken nach dem anderen niedermetzelt, wird dem Zuschauer klar, dass der Film nicht ist, was er zu sein schien. Allein schon ihre Begrüßung ("Okay, ihr Fotzen, zeigt was ihr drauf habt!") wirkt so surreal, noch dazu weil Hit Girl eigentlich ein 10-jähriges Mädchen ist.
Zwar kommen die Teenager-Elemente immer wieder mal durch, aber dies ist weder peinlich noch störend, sondern gliedert sich perfekt in den Thriller ein, der bis zum Schluss spannend ist, aber auch viele Lacher birgt. 

Besonders den gut aufgelegten Nicholas Cage als Big Daddy und Chloe Grace Moretz als Hit Girl fand ich wunderbar erfrischend. Von ersterem würde ich mir eine solche Leistung öfter wünschen, von letzterer werden wir hoffentlich noch einiges zu sehen bekommen. Auch Aaron Johnson als Dave und Held wider Willen machte sich gut, obwohl er diesen Bonus bei mir kürzlich in "Savages" wieder verspielte.

Sieben [1995]



Die Katholische Kirche unterscheidet seit Jahrhunderten sieben Todsünden, denen man als guter Katholik nach Möglichkeit nicht verfallen sollte: Hochmut, Habgier, Wollust, Zorn, Maßlosigkeit, Neid und Faulheit. In "Sieben" hat es sich ein scheinbar Verrückter zum Ziel gemacht, ein Kunstwerk mithilfe dieser Todsünden zu erschaffen
Das erste Opfer, das Teil seines großen Kunstwerks sein soll, wird mit dem Gesicht in einem Spaghettiteller liegend gefunden, seine Beine und Hände wurden zusammengebunden. Wie sich herausstellt, wurde der Mann so lange zum Essen gezwungen, bis er sprichwörtlich platzte. 
:
Gleichzeitig ist dieser verregnete Montag der erste Arbeitstag von David Mills (Brad Pitt), der in diese trostlose Stadt kam, um den alternden William Somerset (Morgan Freeman) abzulösen, der in sieben Tagen in den Ruhestand gehen wird. David Mills ist ein junger, aufstrebender Polizist, der es nicht erwarten kann, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, während Somerset schon resigniert hat und seinen Ruhestand kaum erwarten kann. 
Doch dieser letzte Fall, das große Meisterwerk des unbekannten John Doe, gilt es noch zu lösen. Und sie kommen ihrem Ziel auch Stück für Stück näher, jede Tat von John Doe ist schrecklicher als die zuvor. Es folgen weitere Opfer, die im Sinne der weiteren sechs Todsünden gefoltert/umgebracht wurden, und eine schrecklichste Szene jagt die nächste. In diesem Punkt geht "Sieben" alles andere als zimperlich mit dem Zuschauer um, weshalb ich das FSK 16 Rating nur unterstützen kann. Es würde mich nicht wundern, wenn besonders zartbesaitete Zuschauer die eine oder andere Leiche in ihren Träumen wiederfinden würden. 
Schon früh stellt Somerset fest, dass der Täter ein Spielchen mit ihnen spielen möchte und er erkennt auch das Muster der sieben Todsünden, weshalb auch viele bekannte Titel der Weltliteratur, wie etwa "Canterbury Tales", "Göttliche Komödie" oder "Der Kaufmann in Venedig" eine Erwähnung finden. 

Aber das Beste an diesen Film ist, neben der wahnsinnig stimmungsvollen und passenden, weil trostlosen Atmosphäre und der Spannung, die einen bis zum Schluss nicht loslässt, eindeutig das Ende, das zwar in dem Sinne kein Storytwist, aber doch eine unvorsehbare Wendung für den Film darstellt. Und ich bin mir sicher, dass dieses Ende niemanden kalt lässt. 
Filmfans neigen im Allgemeinen dazu, "Sieben" als Meisterwerk darzustellen, was ich zwar nicht voll unterstützen, aber sehr gut nachvollziehen kann.

Mittwoch, 14. November 2012

Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford [2007]



Ein Film, der sich schwer in Worte fassen lässt, geschweige denn unmöglich zu beschreiben, was so faszinierend daran war. Ich versuche es mal so zu beschreiben: Der Film entwickelt nach einer etwas langweiligen Einführungsquase eine Sogwirkung, der man sich anschließend nur schwer entziehen kann. Dies führt zu einem grandiosen Höhepunkt und klingt in einem betroffenen Nachspiel ruhig aus; und wenn der Abspann eingeblendet wird, sitzt man einfach nur da und weiß gar nicht so recht, was man in den letzten zwei Stunden gesehen hat.
 
Wie der Titel schon sagt, dreht es sich in diesem Film um den berühmten Westernhelden Jesse James und seinen größten Verehrer Robert Ford, ein junger und naiver Mann, der James als seinen größten Helden betrachtet und alles über ihn weiß. Weil er aber von Jesse James, der selber mit psychischen Problemen zu kämpfen hat, nicht ernst genommen wird, wandelt sich seine Bewunderung langsam in Hass und in ihm reift der Wunsch, ebenso bekannt zu werden wie sein Vorbild. Der Wunsch nach Ruhm und Bewunderung geht schließlich so weit, dass er sich die Erfüllung dieser Wünsche in der Ermordung seines Westernhelden sieht.

Wie gesagt, man kann diesen Film schwer in Worte fassen, denn diese Sogwirkung kann man nicht beschreiben, man muss den Film einfach erleben. Was man aber beschreiben kann, sind die schauspielerischen Leistungen, und die spielen sich natürlich alle in hohem Niveau ab. In den Hauptrollen sehen wir Brad Pitt als psychisches Wrack, das trotzdem eine wichtige Autorität für seine Bande darstellt. Casey Affleck spielt seinen Gegenspieler, ein naives Bubi, das immer im Schatten seiner Cowboybrüder stand und nun sein Stück vom Kuchen haben möchte. Besonders der unscheinbare Affleck-Bruder hat es mir angetan, wirkt er doch anfangs sehr arrogant und lässt nach und nach den Zuschauer in sein Innerstes blicken.
Weitere Rollen in Jesse James Bande wurden namhaft mit Sam Rockwell und Jeremy Renner besetzt. Ein letzter Tipp: Diesen Film muss man nicht sehen, sondern erleben! Einfach darauf einlassen, auch wenn es die ersten paar Minuten nicht leicht machen.

Auf der Flucht [1993]



"Auf der Flucht" ist ein unaufregendes kleines Filmchen, das weder wirklich begeistern noch wirklich zu Tode langweilen kann. Wenigstens wirft er den Zuschauer schnell mitten ins Geschehen, denn schon zu Beginn wird man Zeuge am Mord von Richard Kimbles Frau. Während er beteuert, selbst noch mit dem einarmigen Einbrecher und Mörder seiner Frau gerungen zu haben, hat die Polizei einen anderen Täter im Auge: ihn. Kimble wird verurteilt und soll mittels Gitspritze hingerichtet werden. Auf dem Weg zum Gefängnis hat der Bus jedoch einen Unfall und er kann fliehen, wird jedoch von nun an von der Polizei und dem ehrgeizigen U.S. Marshal Gerard verfolgt.

Von nun an geht es in erster Linie darum, dass Kimble der Polizei davonläuft, sich mehrmals auffällig verhält und um Haaresbreite einer Verhaftung entgeht, ihm jedoch jedes Mal der Zufall zuhilfe kommt. Nebenbei versucht er, den wahren Mörder seiner Frau zu finden und sich an ihm zu rächen. Dies alles geschieht so gemächlich und wirkt so rund gelutscht, dass ein Spannungsbogen fast nicht vorhanden ist und man wenig findet, was eine daran hindert, einfach umzuschalten oder die DVD ins Regal zurückzustellen. Doch dazu ist der Film nicht schlecht genug, denn im Grunde ist er ja nur ein weiterer Thriller, deren Thematik spannender klingt als es der Film an sich ist. 

Harrison Ford passt wirklich gut in die Hauptrolle des flüchtigen Arztes, ein gutmütiger, schweigsamer Mann mit dem Hang zur Melancholie. Dazu passt die brummige Originalstimme des Schauspielers wirklich gut. Leider schafft er es nicht, den Film eine sehenswerte Note zu verpassen. Wenigstens rasiert er sich später seinen grässlichen Vollbart ab.
Als Quasi-Gegenspieler kann man Tommy Lee Jones als U.S. Marshal bewundern, der immer einen Schritt hinter Kimble ist und praktisch riechen kann, wo sich dieser gerade befindet - etwas unglaubwürdig, dass ihm Kimbles Aufenthaltsorte so leicht in den Schoß fallen. Noch dazu wurde Jones damals mit dem Oscar als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet, obwohl im selben Jahr ein genialer Leonardo di Caprio ebenfalls nominiert war. Ein Oscar für eine Rolle, die so austauschbar und ebensogut von jedem anderen gespielt hätte werden können? 

Grundsätzlich kann man dem Film aber nicht falsch machen, aber man sollte halt keine zu großen Erwartungen haben. 

Sonntag, 11. November 2012

Der Vorleser [2008]




Michael Berg (David Kross) trifft eines Tages auf die Straßenbahnkontrolleurin Hanna Schmitz (Kate Winslet), die ihn nach Hause bringt weil er krank ist. Nach seiner Genesung besucht er sie mit einem Strauß Blumen, um sich zu bedanken. Die beiden kommen sich näher und Michael flieht überstürzt aus der Wohnung. Hanna geht ihm jedoch nicht aus dem Kopf und von da an besucht er sie immer nach der Schule. Sie schlafen miteinander: seine erste sexuelle Erfahrung. Es entsteht ein Ritual, nämlich dass er ihr aus einem Buch vorliest und sie anschließend miteinander schlafen. Hanna liebt nämlich die Literatur, bevorzugt es jedoch, es vorgelesen zu bekommen.
Eines Tages, so scheint es, verschwindet sie plötzlich spurlos und Michael ist am Boden zerstört. Jahre später soll er als Jurastudent einer Anhörung von ehemaligen weiblichen KZ-Aufsichtspersonen beiwohnen. Als Hanna Schmitz eine unter ihnen ist, bricht die Welt für ihn zusammen...

Was beim Anschauen sofort auffällt, sind wohl die kalten Farben und die trostlose Grundstimmung, die den Film fest umklammert und bis zum Schluss nicht loslässt. Alles wirkt grau, dreckig, trostlos halt. Auch die unbeholfenen Sexszenen strahlen nicht eine Spur von Erotik aus, aber das stört gar nicht, weil es so gut ins Gesamtkonzept passt. Ihre Liebe ist zwar sehr schwer nachzuvollziehen, aber dadurch sehr realistisch, denn es ist keine Seltenheit, dass Menschen mit einen so großen Altersunterschied zueinander finden. Die Szenen im Gerichtssaal gehören zu den besten, da sie sehr emotional sind und man als Zuschauer selber nicht nachvollziehen kann, dass ausgerechnet Hanna Schmitz eine Aufseherin in Auschwitz gewesen sein soll. Gut, Hanna gehörte noch nie zu den sympathischsten Personen, ist sie doch sehr resolut und denkt praktisch, aber diese Wendung ist zumindest für Michael ein großer Schock. 
Leider fand ich die Szenen mit dem erwachsenen Michael, gespielt von Ralph Fiennes, sehr überflüssig und waren verschenktes Potenzial, da man ständig Fiennes als Amon Göth vor Augen hat (mir zumindest ging es so). Dass seine Liebe zu ihr ein ganzes Leben Bestand haben sollte, geht sehr nahe und die Tatsache, dass er ihr jahrelang Kassetten mit vorgelesener Literatur schickt, zeugt davon. 

Leider wirkt er teils etwas unausgegoren und langwierig und bietet nur eine Handvoll stimmungsvoller Szenen.