Dass "Dogville" kein besonders angenehmer Film sein wird, war mir im Vorhinein schon klar. Lars von Trier ist ein Name, der jedem Filmfan ein Begriff sein sollte. Er ist dafür bekannt, mit Tabuthemen zu arbeiten und zieht daher häufig die Missgunst der Öffentlichkeit auf sich. Ich habe zuvor noch nie einen von Trier Film gesehen. Merkwürdig, dass zufällig "Dogville" der erste Film sein wird, obwohl ich auch "Melancholia" im Regal stehen habe. Nicht nur von Trier, sondern auch dieser Film ist nicht das, was ich mir vorgestellt hatte.
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Wieso das? Ganz einfach: Dieser Film ist irgendwie... einzigartig. So etwas habe ich noch nie gesehen. Wenn ich an einen Film denke, gibt es meistens einen Ort, wo die Handlung spielt. Häuser, Bäume, Kulisse. All dies fehlt in diesem Film. Die Handlung spielt komplett in einer schwarzen Halle, auf deren Boden Umrisse von Häusern gemalt sind. Wenn eine Person durch die Tür tritt, steigt er über die weiße Linie, tut so, als ob sie eine Klinke drücken würde, und das Geräusch einer quietschenden Tür ist zu hören. Ich konnte mir anfangs nur schwer damit abfinden, dass es keine Häuser, keine Farben, keine Umgebung, einfach nichts gibt. Aber je länger man schaut, denkt man sich die fehlende Tür dazu und irgendwann fällt es einem gar nicht mehr auf. Glücklicherweise steht ja nicht die wundervolle Landschaft im Vordergrund, sondern die tragische Geschichte über ein ganz einfaches Dorf in den Bergen: Dogville. Einer der Einwohner, Tom Edison, führt zu Beginn den Zuschauer in das Dorf ein und stellt die anderen Einwohner vor. Im Laufe des Filmes wird man Zeuge von Grace' Ankunft und ihre Angewöhnung, wie sie akzeptiert wird, schließlich aber böses Blut aufkommt und Dogville ihre Klauen ausfährt.
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"Dogville" ist wie ein Theaterstück in mehrere Kapitel aufgeteilt und jeder Akt hat einen eigenen Titel und sogar eine Beschreibung, sodass man in etwa weiß, was passieren wird. Dies nimmt aber keineswegs die Spannung weg, sondern ist in diesem Theatersetting (Punkt: aufgemalte Striche am Boden) sehr passend. Am besten finde ich den Titel des neunten und letzten Kapitels: Neuntes Kapitel, in dem Dogville den lang erwarteten Besuch erhält und der Film endet.
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Zur Handlung kann ich soviel sagen: "Dogville" ist ein grauenhafter Film, ein gewaltiger Film, der es schaffte, mich so zu erschüttern wie lange keiner mehr. Anfangs ist Dogville das perfekte, verschlafene Städtchen mit allerlei schrulligen Bewohnern, die aber sehr liebenswert erscheinen. Als Grace auftaucht, sind alle bemüht, die Flüchtige aufzunehmen und bei sich wohnen zu lassen. Als Gegenzug hilft Grace bei allen Menschen aus, bei ihrer Arbeit, bei der Kindererziehung, oder einfach nur als Freundin, mit der man die Zeit verbringen kann. Dies läuft gut, bis zum sechsten Kapitel (Sechstes Kapitel, in dem Dogville die Zähne fletscht). Als ich diesen Titel las, spürte ich dieses Henkerbeil, das jeden Moment herabzusausen drohte. Denn die Handlung bis zum sechsten Kapitel war zwar von Fröhlichkeit geprägt, aber man hatte immer dieses unangenehme Gefühl, dass mit den Einwohnern etwas nicht stimmt. Und dieses Gefühl sollte sich bewahrheiten: Dogville wird zur Furie und Grace, die immer sanftmütige, freundliche Grace, wird zum Opfer.
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Mehr möchte ich auch gar nicht zur Handlung schreiben, nur, dass es mich sehr verstört hat. Man kann einfach nicht die freundliche Dorfgemeinde mit den späteren Grausamkeiten miteinander vergleichen, kann nicht verstehen, warum Tom nichts unternimmt, um seiner Freundin beizustehen. Ständig scheint er im Zwist mit seinem Pflichtbewusstsein, seinem Heimatdorf beizustehen, und der Liebe zu der geheimnisvollen Grace. Das Ende kommt plötzlich und schlägt ein mit einem Paukenschlag, nur um gleich vorbei zu sein, wie die Spritze beim Arzt. Ich werde diesen Film bestimmt noch ein zweites oder drittes Mal sehen müssen, um die volle Bandbreite begreifen zu können. Eines möchte ich noch sagen: Nicole Kidman ist eine Wucht.