Es sind bereits mehrere Wochen ins Land gezogen, seit ich den Film gesehen habe, aber ich konnte mich nie dazu aufraffen, einen Kommentar dazu zu schreiben. Dies liegt vermutlich daran, dass ich gar nicht so recht weiß, worüber ich schreiben will bzw. was es zu diesem Film noch zu sagen gibt, was nicht bereits gesagt wurde. Bei mir schlug "The Wolf of Wall Street" ein wie eine Bombe, zumindest ein bisschen. Ein knapp drei Stunden langer Dauerrausch, der die Zeit wie im Flug vergehen lässt und dabei zahlreiche Tabus bricht. Es scheint etwas ganz normales zu sein, Koks zu schnupfen, auf der Arbeit wilde Parties zu feiern, mit allen möglichen Frauen Sex zu haben, das Leben zu leben - zumindest so, wie es sich Jordan Belfort vorstellt, das perfekte Leben zu führen. Er besitzt eine Yacht, eine Villa, eine Sexbombe als Frau, alles was das Herz begehrt und so viel Geld, dass er sich seine unermessliche Gier nach allem Schönen, Glänzenden, Befriedigendem stillen kann. Jordan Belfort ist ein gieriger Mann, der mehr Geld besitzt als er ausgeben kann und trotzdem immer mehr will. Jordan kann auch sehr charismatisch sein, oh ja. Wie ein Prediger steht er vor seinen treuen Mitarbeitern und schreit sich die Seele aus dem Leib, stachelt seine Jünger zu Höchstleistungen an, um dem unbedarften Amerikaner das Geld aus der Tasche zu ziehen. Eine typische Aufstieg-und-Fall-Geschichte, wie es scheint, denn Jordan kommt aus dem Nichts, erlebt viele Jahre des Dauerkonsums zu der Grenze des Ertragbaren, und verschwindet schließlich - im Gefängnis, nachdem er wegen Steuerhinterziehung eingesperrt wurde. Leonardo Di Caprio, so muss ich wiederholt feststellen, ist einfach ein Gott. In der richtigen Rolle - und die wählt er praktisch immer - vermag er es, zu Höchstleistungen aufzufahren und einen so wuchtigen, langen, riesigen Film wie "The Wolf of Wall Street" auf seinen Schultern zu tragen, und meistert diesen Drahtseilakt mit Bravour. Als der Film zu Ende war, war es so, als käme man nach einer Hypnose wieder zu sich. Die Dauerbeschallung ist vorbei, Di Caprio hatte seine Vorstellung gegeben, und im besten Fall war man von dem eben Gesehenen einfach nur erschlagen. Wie sollte man einen solchen Film bewerten? Ich entschied mich für die sichere Seite und bewerte "The Wolf of Wall Street" mit acht Punkten, denn ein guter Film ist er ja. Er vermag es den Zuschauer zu umgarnen, zu fesseln, zu hypnotisieren und ihn nach drei Stunden verwirrt zurückzulassen, kaum in Worte fassend, was man in den letzten Stunden gesehen hatte. Ja, "The Wolf of Wall Street" bedarf einer Zweitsichtung, die sich aber ruhig noch Zeit lassen kann. Tut mir leid, liebe Leser, dass ich für diesen Film nur einen schäbigen Text beizutragen habe, aber ich hatte bisher noch nicht die Zeit, mich ordentlich mit dem Wolf auseinanderzusetzen. Aber eines möchte ich noch hinzufügen: Ich werde es der Academy nie verzeihen, dass sie Leonardo Di Caprio zum wiederholten Male den Oscar vorenthalten haben. Punkt.