Ein Mann sitzt in einer verrauchten Kneipe in New York und singt, mit einer Gitarre auf dem Schoß. Ein ruhiges Lied, vorgetragen mit einer unspektakulären, aber schönen Stimme. Sobald er mit dem Lied fertig ist, ist der Zauber vorbei, und Llewyn Davis steigt von der Bühne, ein einfacher, mittelloser Musiker. Vorher schien er wie ein Wesen von einer anderen, schöneren Welt, aber sobald er seine Gitarre aus der Hand legt, ist er doch "nur" ein Mensch, und ein unfreundlicher noch dazu. Ihm wird mitgeteilt, dass vor der Kneipe jemand auf ihn wartet. Also geht er hinaus, unterhält sich mit dem Fremden und wird von ihm verprügelt - soweit der Anfang.
Nun erhalten wir einen näheren Einblick in Llewyn Davis' Leben. Wie sich herausstellt, besitzt er nicht einmal einen festen Wohnsitz, sondern schläft jede Nacht bei einem anderen Freund oder Bekannten. Als er bei einem befreundeten Ehepaar übernachtet, sperrt er versehentlich deren Katze aus und ist nun gezwungen, sie zu dem befreundeten Musikerpaar Jean und Jim mitzunehmen. Er erfährt, dass Jean schwanger ist und er als Vater ebenso infrage käme wie ihr Freund Jim. Sie nötigt ihn dazu, die Abtreibung zu bezahlen, obwohl er das Geld nicht einmal besitzt. Mehr aus einer Laune heraus fährt er per Anhalter nach Chicago und erhofft sich, vom Produzenten Bud Grossman unter Vertrag genommen zu werden - diese Erwartungen werden jedoch nicht erfüllt und Llewyn fährt perspektivlos zurück nach New York.
So trostlos die Handlung auch klingen mag, irgendwie passt es zu Llewyn Davis, der zwar unglaubliches Talent besitzt, dessen Arbeit und Passion aber nie von Erfolg gekrönt ist. Er wird als Anti-Dylan beschrieben: Der Typ, der auf der Straße zusammengeschlagen wird, während in der Kneipe nebenan Bob Dylan zu einem gefeierten Musiker aufsteigt. Es ist einmal ein interessanter Blickwinkel, sich nicht nur auf die Großen und Berühmten zu konzentrieren, sondern auch die kleinen Musiker zu beachten, die mit ihrer Arbeit nicht einmal ihr Leben finanzieren konnten. So anders als das, was man von den Coen-Brüdern sonst kennt, und deshalb einer ihrer besten Filme. Ich kann es gar nicht anders beschreiben, aber als der Film vorbei war, fühlte ich eine Art innere Ruhe, die ich so nach einem Film selten verspürt habe. Dies liegt wohl in erster Linie nicht nur an dem ruhigen Grundton, den matten Bildern (jedes von ihnen ist übrigens ein potenzieller Desktophintergrund) und der liebevollen Ausstattung (man fühlt sich sofort in die 60er Jahre zurückversetzt), sondern vor allem am Soundtrack. In Zusammenarbeit mit Marcus Mumford, dem Kopf hinter der Folkband Mumford & Sons, wurden ausschließlich bekannte Folksongs neu interpretiert und von Hauptdarsteller Oscar Isaac und den Nebendarstellern Carey Mulligan und Justin Timberlake gesungen. Es entstand ein wunderschöner, ruhiger Film, unterlegt mit einem Soundtrack, der aktuell seinesgleichen sucht.
Nachtrag: Ich habe mir den Film nochmal im Kino angesehen, diesmal in OmU. Und ja, ich konnte nicht anders, als den Film von 8 auf phänomenale 10 Punkte anzuheben. Die Fahrt nach Detroit ist zwar noch immer etwas spannungsarm, aber dafür ist der Dialog zwischen Llewyn und Roland Turner in der Originalversion so genial, dass ich am liebsten laut geklatscht hätte. Und dazu der Soundtrack, den ich mir quasi rund um die Uhr anhören könnte. Damit dürfte "Inside Llewyn Davis" mein Lieblingsfilm des Produktionsjahres 2013 sein.