Dienstag, 15. September 2015

Der General [1926]



Buster Keatons Vorzeigefilm galt als eine der teuersten Produktionen der Stummfilmära. In ihr trieb Buster seine Überzeugung von realistischen Stunts auf die Spitze und ließ nebenbei zwei Lokomotiven aus den 1860er Jahren originalgetreu nachbauen und in einer spektakulären Szene zerstören. Die Geschichte ist denkbar einfach gehalten, was aber überhaupt nicht stört, im Gegenteil. Der Wandel von Busters Figur vom erfolglosen Maschinisten zum gefeierten Helden der Südstaaten - und die damit verbundene Verfolgungsjagd der General (seiner Lokomotive) - bietet zahlreiche Gelegenheiten für buster'sche Stunteinlagen. In einer Szene setzt sich Buster auf die Kuppelstange einer Lokomotive, die sich in Bewegung setzt. Sieht zwar unspektakulär aus, doch dieser Stunt gehört wohl zu den gefährlichsten des Films: Hätte der Maschinist nur etwas mehr Dampf gegeben, wäre Buster Keaton mit Sicherheit gestorben. 

Fazit: Auch fast neunzig Jahre nach dem Erscheinen ist "Der General" ein unterhaltsamer Film, der an die gute alte Stummzeit erinnert, als die Stunts noch vom Schauspieler selbst durchgeführt wurden. Sehr schade, wenn man bedenkt, dass die gigantischen Ausmaße des Filmes Buster Keaton in den finanziellen Ruin getrieben hatte.

Montag, 14. September 2015

Frank [2014]



Mit einiger Verspätung erschien endlich auch "Frank" in Österreich. Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen, mir diesen hochgelobten Film im Kino zu Gemüte zu führen. Die Prämisse des Films ist einfach: Jon lernt durch Zufall die experimentelle Band Soronprfbs und ihren merkwürdigen Frontman Frank kennen, der einen riesigen Pappmachékopf auf seinen Schultern trägt und diesen nicht einmal zum Schlafen oder Duschen abnimmt. Als Jon die Rolle des Keyboarders einnimmt und für Studioaufnahmen nach Irland mitreist, lernt er die Band und Frank besser kennen - und zerstört beinahe die Bande zwischen den Bandmitgliedern.

Ich hatte ehrlich gesagt "nur" eine harmlose Indiekomödie erwartet. Ich staunte nicht schlecht, als sich der stellenweise witzige Film auch ernsten Themen wie Suizid und psychischen Problemen zuwendet. Frank ist ein genialer Mensch mit einem ausgeprägten musikalischen Genie, doch eigentlich ist er ein emotional schwer angeknackster Mittdreißiger. Mit seinem Pappmachékopf wirkte er wie ein ganz normaler Mensch, ohne wie ein kleines Kind, fast schon autistisch und hilflos. Michael Fasssbender benützt seinen ganzen Körper und seine ausdrucksstarke Stimme, um Franks Gefühle und Stimmungen darzustellen. Für mich eine sehr starke Leistung, da er ganz ohne Gesichtsmimiken auskommen muss (außer am Ende, wo er nochmal beweist, dass er einer der ganz großen ist). In den weiteren Rollen sind Domhnall Gleeson und Maggie Gyllenhaal zu sehen. "Frank" war ein feiner, ruhiger Film, mit spontan witzigen Szenen und vielen gefühlvollen Momenten, in denen man Frank am liebsten in den Arm nehmen möchte. Besonders das Ende, wo Frank "I Love You All" ist so rührend, dass ich mit einem Lächeln aus dem Kino gegangen bin.

Sweet and Lowdown [1999]



"Sweet and Lowdown" wird - ähnlich wie "Zelig" - in Form einer Mockumentary erzählt, in der neben Woody Allen auch andere Jazzliebhaber Geschichten aus dem Leben von Emmet Ray erzählen. Dieser war ein Gitarrengenie und soll während der 1930er Jahre eine kurze ruhmreiche Phase gehabt haben, sei danach aber in Vergessenheit geraten. Emmet Ray wird als rüpelhafter Trinker beschrieben, der mit Vorliebe auf Müllplätzen auf Ratten schoss oder vorbeifahrenden Zügen zuschaute. Doch wenn er seine Gitarre zur Hand nahm, ließ er Mädchenherzen schmelzen und seine zahlreichen Fehltritte wurden ihm verziehen. Besonders gut gefiel mir seine Beziehung zu der stummen Wäscherin Hattie, die er eigentlich nur ausnutzt und anschließend wegwirft. Als er später reumütig zurückkehrt, ist es zu spät: Hatte hatte bereits eine Familie gegründet. 

Die Erkenntnis, dass die Liebe nicht immer eine zweite Chance erhält, passt perfekte zum melancholischen Grundton des Films. Ein extrem guter Sean Penn spielt den gemeinen Ray - seine Beziehung zu Hattie und der Beweis, dass er sie braucht und liebt, retten seinen gemeinen Charakter. Eine mir unbekannte Samantha Morton spielte Hattie und erhielt neben Penn zu Recht eine Oscarnominierung. Eine solch gute Darstellung, ohne gesprochene Sprache zu verwenden, hat man wohl seit der Stummfilmära nicht mehr gesehen (ja, das schließt"Das Piano" mit ein). "Sweet and Lowdown" lebt von der Musik, von der Magie, von den Figuren, die einem ans Herz wachsen. Ich habe seit "Purple Rose of Cairo" keinen so melancholischen und gleichzeitig schönen Film von Allen gesehen.

Geliebte Aphrodite [1995]



In "Geliebte Aphrodite" spielt Woody Allen wieder mal sich selbst, einen unsicheren, neurotischen New Yorker mit jüdischen Wurzeln, der gemeinsam mit seiner Frau (Bonham Carter) einen Jungen adoptiert. Als er die Mutter nach langer Suche kennen lernt, staunt er nicht schlecht, als sich herausstellt, dass Linda eine Prostituierte ist. Er beschließt, für Linda einen Mann zu finden und ihr zu einem besseren Leben zu verhelfen.

"Geliebte Aphrodite" wurde 1996 für zwei Oscars nominiert, Mira Sorvino erhielt den Oscar für die Beste Nebendarstellerin, Woody Allen ging für die Regie leer aus. Doch auch hier muss ich mich fragen, was die Academy da geritten hat, als sie Sorvino den Oscar überreichte. Ja okay, die spielt das blonde Dummchen wirklich ausgezeichnet, aber doch nicht so gut, dass ich ihr den bedeutendsten Filmpreis Hollywoods überreichen müsste. Ihr ahnt es schon, ich hatte kaum Spaß mit diesem Film. Allens Figur ist anstrengend wie in den meisten seiner Filme, die Handlung zieht sich. Zugegeben, der Schluss des Films - die Erkenntnis, dass Lenny Lindas großzieht und sie seines, ohne dass sie davon wissen - hat mir gefallen. Und in die Handlung sind immer wieder Szenen aus einem antiken Theater eingeflochten, in denen Schauspieler aus der Antike ihren Senf zum Geschehen abgeben. Zugegeben, das war wirklich herrlich.

Bullets over Broadway [1994]



John Cusack spielt in "Bullets over Broadway" einen erfolglosen Drehbuchautor, der sein neuestes Werk endlich unter eigener Regie aufführen lassen möchte. Unerwartete Unterstützung erhält er von einem Mobster namens Cheech, der als Leibwächter der untalentierten Hauptdarstellerin bei jeder Probe anwesend sein muss. Cheech beginnt in Form von Hilfestellungen, Einfluss auf das Drehbuch zu nehmen. Als Cheech in dem fehlenden Talent seines Schützlings den Erfolg "seines" Werkes gefährdet sieht, beschließt er, sie auf seine Art aus dem Weg zu räumen...

Was soll ich sagen, "Bullets over Broadway" war wieder mal ein Allen-Film, der mich richtig gepackt hat. Die Hauptrollen sind mit namhaften Schauspielern besetzt (Cusack, Wiest, Broadbent), die Handlung wird aufgrund der Mischung aus Gangsterfilm und Tragikomödie nie langweilig und die Figuren sind herrlich schräg. Außerdem spielt "Bullets over Broadway" in den 1930er Jahren, wie immer eine gute Zeit für Allen, die er hervorragend auf Film zu bannen weiß.

Sonntag, 13. September 2015

Picknick mit Bären [2015]



Robert Redford spielt einen alternden Schriftsteller namens Bill Bryson, der eines Tages beschließt, den Appalachian Trail entlang zu pilgern. Da seine Frau ihm aufgrund des hohen Alters verbietet, sich alleine auf den Weg zu machen, sucht er nach einem potenziellen Weggefährten. Doch ausgerechnet ein alter Freund meldet sich, den er schon seit Jahren nicht mehr gesehen hat: Stephen Katz, gespielt von Nick Nolte, ein Alkoholiker in einer denkbar schlechten körperlichen Verfassung. Dennoch wagen die beiden die Wanderung und treffen dabei auf allerlei verschiedene Leute. 

Klar, "Picknick mit Bären" ist zwar nicht gerade langweilig, aber doch so zahm, dass man sich unweigerlich über die Notwendigkeit dieses Films auslassen muss. Bryson und Katz sind zwei grundverschiedene Charaktere (der eine impulsiv, der andere still), die zwar ihre Meinungsverschiedenheiten haben, aber nie ernsthaft aneinander geraten. Eine Nacht lang müssen sie auf einer Klippe verbringen, ohne jede Möglichkeit zur Flucht. Doch anstatt in Panik auszubrechen und ihr Schicksal zu bedauern, bewundern sie Natur und werden am nächsten Tag gerettet. Ach ja, und Nick Noltes Genuschel in der Originalfassung lässt Jeff Bridges fast vor Neid erblassen!

Das Märchen der Märchen [2015]



"Das Märchen der Märchen" basiert auf die Märchensammlung "Pentameron" des italienisches Schriftstellers Giambattista Basile und konzentriert sich auf drei dieser rund fünfzig Geschichten. Diese drei Märchen sind nur lose miteinander verbunden und erzählen dementsprechend drei voneinander unabhängige Geschichten. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich mich für "Die hinterliste Hirschkuh" entscheiden. Warum? Die anderen beiden Geschichten waren entweder eklig ("Die geschundene Alte") oder unangenehm ("Der Floh"). Aber eigentlich passen diese Attribute zu alle Geschichten, aber trotzdem waren sie unterhaltsam und ließen die Zeit wie im Flug vergehen. Dass die drei Märchen nichts miteinander zu tun haben und eigentlich nur in der selben Welt spielen, stört zum Glück überhaupt nicht. Ganz besonders muss ich noch die Kostüme loben. Einige sahen aus, als wären sie direkt einem Gemälde der Renaissance entstiegen. 

Radio Days [1987]



Ich habe leider ein großes Problem mit Woodys Filmen aus den 80er Jahren: Es handelt sich zum Großteil aus Frauenfilmen, in denen Woody die Hauptrolle spielt. Leider finde ich diese alle ziemlich öde und mittelmäßig. "Radio Days" ist eine der wenigen Ausnahmen dieser Regel, da Woody mit diesem Film wieder mal in die Vergangenheit gegangen ist und seine Kindheit in den 1930er Jahren aufleben ließ. Es war eine Zeit vor dem Fernsehen, als man diese Art der Unterhaltung noch aus dem Radio bekam, als Sportübertragungen und Radioshows übertragen wurden. Von der Story habe ich mir nicht viel gemerkt, aber eigentlich ging es nur darum, dem modernen Zuschauer die Magie des Radios näher zu bringen, und das ist Woody Allen gelungen.