Dienstag, 17. September 2013

Die Jagd [2012]


Es gibt nur wenig Filme, die mich so sehr beschäftigen, dass ich selbst noch Tage später daran denken muss. Einer dieser Filme war der neue von Dogma-95-Mibegründer Thomas Vinterberg, der sich mit diesem Werk nach ein paar eher mäßigen Filmen mit einem Paukenschlag zurückmeldet. 

In "Die Jagd" geht es um den ehemaligen Lehrer Lucas, der nun im örtlichen Kindergarten arbeitet und gleichzeitig eine Scheidung durchmacht. Bei den Kindern ist er sehr beliebt, besonders bei der Tochter seines besten Freundes Klara, die er manchmal zum Kindergarten begleitet. Als Lucas Klara eines Tages zurückweist, nachdem sie ihm auf den Mund geküsst hat, verplappert sich Klara bei Lucas' Kollegin, die daraus schließt, dass Lucas dem Mädchen seinen erigierten Penis gezeigt hat. Schon bald hat sich die Geschichte wie ein Lauffeuer verbreitet und ehe es sich Lucas versieht, wird er von seinem ganzen Dorf wegen sexuellem Missbrauchs angefeindet und ausgegrenzt - obwohl er völlig unschuldig ist.

Thomas Vinterberg spielt hier mit dem verbreiteten Glauben, dass Kinder immer die Wahrheit erzählen. Als Klara im verwirrten Zustand eine dumme Bemerkung macht, wird ihr die Geschichte sofort geglaubt, obwohl sie zugibt, gelogen zu haben. Lucas hat nicht einmal den Hauch einer Chance, sich zu wehren, und er tut es nicht einmal. Sein Job wird gekündigt, bedroht, erhält Ladenverbot und sein Hund wird vergiftet und ihm vor die Haustür gelegt. Nur sein Sohn und dessen Taufpate halten noch zu ihm. Auch nachdem die Polizei keinen angeblichen Pornokeller finden kann, hören die Anfeindungen nicht auf. Und das Ende zeigt, dass selbst nachdem er offiziell als unschuldig erklärt wurde und scheinbar alles wieder im Lot ist, noch immer Jagd auf ihn gemacht wird. 

Aber nicht nur die Thematik hat es in sich, denn was nützt einem die Handlung, wenn die Schauspieler nicht ordentlich mitziehen? Das große Zugpferd des Films ist und bleibt Mads Mikkelsen. Ich denke nicht, dass ich ihn je in einem Film bewundern durfte und "Die Jagd" macht mir klar, weshalb ich die Filmographie des Dänen sofort nachholen muss. Mads Mikkelsen ist Gott, das hat mir der Film klar gemacht. Jede Szene beherrscht er souverän, er vermag es nur mit seinem Blick, den Zuschauer auf den Bildschirm zu bannen. 
Nur eines konnte ich nicht verstehen: Warum zum Teufel hat sich Lucas nicht gewehrt? Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis endlich all der Schmerz und der Frust aus ihm herausbrach und er in der Kirche an Heiligabend einen kleinen Nervenzusammenbruch hatte (übrigens eine Szene, die es in sich hat). Den ganzen Film lang hatte ich das Gefühl, als ob er das Ganze gar nicht so ernst nimmt. Aber gut, Hut ab, bis jetzt der beste Film des Jahres!