Es gibt nur wenig Filme, die mich so sehr beschäftigen, dass ich selbst noch Tage später daran denken muss. Einer dieser Filme war der neue von Dogma-95-Mibegründer Thomas Vinterberg, der sich mit diesem Werk nach ein paar eher mäßigen Filmen mit einem Paukenschlag zurückmeldet.
In "Die Jagd"
geht es um den ehemaligen Lehrer Lucas, der nun im örtlichen
Kindergarten arbeitet und gleichzeitig eine Scheidung durchmacht. Bei
den Kindern ist er sehr beliebt, besonders bei der Tochter seines besten
Freundes Klara, die er manchmal zum Kindergarten begleitet. Als Lucas
Klara eines Tages zurückweist, nachdem sie ihm auf den Mund geküsst hat,
verplappert sich Klara bei Lucas' Kollegin, die daraus schließt, dass
Lucas dem Mädchen seinen erigierten Penis gezeigt hat. Schon bald hat
sich die Geschichte wie ein Lauffeuer verbreitet und ehe es sich Lucas
versieht, wird er von seinem ganzen Dorf wegen sexuellem Missbrauchs
angefeindet und ausgegrenzt - obwohl er völlig unschuldig ist.
Thomas
Vinterberg spielt hier mit dem verbreiteten Glauben, dass Kinder immer
die Wahrheit erzählen. Als Klara im verwirrten Zustand eine dumme
Bemerkung macht, wird ihr die Geschichte sofort geglaubt, obwohl sie
zugibt, gelogen zu haben. Lucas hat nicht einmal den Hauch einer Chance,
sich zu wehren, und er tut es nicht einmal. Sein Job wird gekündigt,
bedroht, erhält Ladenverbot und sein Hund wird vergiftet und ihm vor die
Haustür gelegt. Nur sein Sohn und dessen Taufpate halten noch zu ihm.
Auch nachdem die Polizei keinen angeblichen Pornokeller finden kann,
hören die Anfeindungen nicht auf. Und das Ende zeigt, dass selbst
nachdem er offiziell als unschuldig erklärt wurde und scheinbar alles
wieder im Lot ist, noch immer Jagd auf ihn gemacht wird.
Aber
nicht nur die Thematik hat es in sich, denn was nützt einem die
Handlung, wenn die Schauspieler nicht ordentlich mitziehen? Das große
Zugpferd des Films ist und bleibt Mads Mikkelsen. Ich denke nicht, dass
ich ihn je in einem Film bewundern durfte und "Die Jagd" macht
mir klar, weshalb ich die Filmographie des Dänen sofort nachholen muss.
Mads Mikkelsen ist Gott, das hat mir der Film klar gemacht. Jede Szene
beherrscht er souverän, er vermag es nur mit seinem Blick, den Zuschauer
auf den Bildschirm zu bannen.
Nur
eines konnte ich nicht verstehen: Warum zum Teufel hat sich Lucas nicht
gewehrt? Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis endlich all der Schmerz
und der Frust aus ihm herausbrach und er in der Kirche an Heiligabend
einen kleinen Nervenzusammenbruch hatte (übrigens eine Szene, die es in
sich hat). Den ganzen Film lang hatte ich das Gefühl, als ob er das
Ganze gar nicht so ernst nimmt. Aber gut, Hut ab, bis jetzt der beste
Film des Jahres!