Ich habe mir vor einiger Zeit ein GEO-Epoche-Magazin mit dem Thema Spionage gekauft und habe die Geschichte um Alan Turing und seinem Team begeistert verschlungen. Das, was sie geleistet haben, war technisch gesehen beachtlich und für den Sieg der Alliierten über Nazideutschland maßgeblich. Doch schon alleine mit dem Wissen aus den paar Seiten ist mir recht schnell klar geworden, dass sich "The Imitation Game" nicht zu hundert Prozent an die historische Vorlage hält. Beispielsweise bekamen die Deutschen mitten in der Arbeit Wind und fügten eine neue Rolle hinzu, weshalb Turings Maschine unbrauchbar wurde und sie über ein Jahr lang keine Funksprüche decodieren konnten. Weiters ist die Tatsache, dass sie absichtlich eine Schlacht geschehen ließen, um nicht enttarnt zu werden, Humbug. Aber hey, der Film will ja nicht die Geschichte nachstellen sondern nur mit einem Haufen Oscars überschüttet werden. Ob das meiner Meinung nach gelingen wird, wird sich noch zeigen.
Benedict Cumberbatchs Alan Turing ist ähnlich wie Sherlock Holmes, nur bei weitem nicht so arrogant und viel schüchterner. Ob Turing wirklich so ein Sonderling war oder ob das nur im Film so dargestellt wird, weiß ich leider nicht. Seine Homosexualität wurde im Film auch nicht so offen dargestellt, wie ich es mir gewünscht habe. Diese wird nur am Rande behandelt, eine homosexuelle Handlung von Cumberbatch sieht man zu keiner Zeit des Films. Er spricht mit Männern, ja, aber das war's auch wieder. Ansonsten keine Anzeichen seiner sexuellen Neigungen. Als Crowdpleaser hat sich "The Imitation Game" scheinbar nicht getraut, Zeichen zu setzen und Homosexualität als etwas Natürliches darzustellen, das eben im zweiten Weltkrieg als Strafe und Krankheit angesehen wurde. Keira Knightley als weiblicher Counterpart zu Cumberbatch wird zwar als starke Frauenrolle dargestellt, dabei bleibt es aber auch. Sie hat eine so kleine Rolle, dass ihre Nominierung bei den Oscars eine Frechheit ist.
Aber der Film hat auch seine großen Momente. Die Geschichte - sofern man nichts darüber gelesen hat - ist spannend und emotional. Cumberbatch packt alles aus und liefert eine 1A-Performance ab, die wohl zu sehr nach den Vorlieben der Academy gerichtet ist. Im Grunde ein harmloser Film, der die alliierten Mächte glorifiziert, Nazideutschland verteufelt und die Homosexualität der Hauptfigur gleichzeitig präsentiert und unter den Teppich kehrt. Jedenfalls kann man nichts falsch machen, man wird sehr gut unterhalten und das ist die Hauptsache.