Donnerstag, 15. Januar 2015

Mommy [2014]



"Mommy" ist die nunmehr fünfte Regiearbeit des frankokanadischen Wunderkindes Xavier Dolan. Ich hatte ihn mit "I killed my Mother" zwar schätzen gelernt, aber ein Fan war ich nicht - noch nicht, denn das sollte sich mit "Mommy" ändern.

Die Handlung an sich ist sehr einfach: Diane holt ihren schwer erziehbaren Sohn aus der Anstalt ab und muss sich nun an ein gemeinsames Leben mit ihm gewöhnen. Und Steve macht ihr das Leben alles andere als leicht: Er kann zwar ein gewinnendes und charmantes Auftreten haben, ist aber durch seine Hyperaktivität leicht reizbar und nicht einmal seine Mutter ist vor seinen gewalttätigen Wutausbrüchen sicher. Das ist eigentlich schon die Prämisse. Unglaublich, dass es Dolan geschafft hat, aus einer solchen negativen Handlung einen so wunderschönen Film zu zaubern.


Natürlich kann "Mommy" auch schrecklich sein. Ich verweise hier nur an die Szene, in der Steve wie verrückt seiner Mutter nachjagt und sich diese im Schrank einsperren muss, um vor ihm in Sicherheit zu sein. Oder die Szene in der Karaokebar, in der Steve Karaoke singt, ohne von seiner Mutter beachtet zu werden und er sich nichts sehnlicher wünscht. Diese Momente haben mich emotional sehr aufgewühlt, was aber eindeutig für den Film spricht. Andererseits gibt es auch die schönen Momente, in denen Steve mit dem Skateboard zu "Wonderwall" durch die Gegend fährt und sich seines Lebens freut oder einen schönen Abend mit seiner Mutter und deren besten Freundin verbringt. Man freut sich automatisch mit diesem eigentlich kaputten, unsympathischen Kerl mit, ob man es will oder nicht.


Erwähnenswert ist noch das ungewöhnliche Bildformat 1:1, also in quadratischer Form. Das vermeintlich eingeschränkte Blickfeld stört überhaupt nicht, viel eher ist es ein kleiner Augenöffner, wenn sich in wenigen Momenten das Bildformat auf das gewohnte Breitband ausdehnt. Die Schauspieler sind top und ihre Sprache kompromisslos, weshalb der Film ausschließlich im O-Ton mit Untertitel genossen werden sollte. Ich hatte jedenfalls sehr großen Gefallen an dem Film, der nicht unbedingt Spaß macht, aber so unglaublich gut ist, dass ich noch Wochen später daran denken musste.