Montag, 28. Mai 2012

American History X [1998]


Kennen Sie Tony Kaye? Nein? Nun ja, das ist nicht unbedingt weiter schlimm, denn wahrscheinlich gibt es auf dieser Welt nur eine Handvoll Menschen, bei denen der Groschen fallen würde, wenn sie diesen Namen hören. 

Tony Kaye hat wahrscheinlich nur einen Film gedreht, der wirklich bekannter als sein Name ist: American History X aus dem Jahr 1998. Dieser Film ist vor allem wegen seiner brisanten Thematik bekannt, handelt es doch von einem Neonazi, der nach seinem Gefängnisaufenthalt geläutert ist und seinen kleinen Bruder aus der Szene herausholen will.
Kommen wir erst zum Positiven: Edward Norton als Derek Vinyard, eine Legende der hiesigen Neonaziszene, und doch teilt er nicht mehr ihre Ideale und Überzeugungen. Nun ist er der Auffassung, dass ihre Vorstellung falsch ist und macht sich damit nicht gerade Freunde. Und doch nimmt er das alles auf sich, um seinen kleinen Bruder Danny, der ihn als Vorbild sieht, ebenfalls umzustimmen. Edward Norton spielt mit einer ungeheuerlichen Intensität und es läuft einem kalt den Rücken runter, als Derek zu Beginn zwei Afroamerikaner auf brutalste Weise umbringt. Gleichzeitig kann er ihn als unglaublich liebevolle Person darstellen, als er als komplett anderer Mensch wieder aus dem Gefängnis kommt. Das ist wirklich ein Kunststück, einen hassenswerten Menschen mit so viel Ausstrahlung zu einem netten Kerl von nebenan zu verwandeln. Edward Norton gelingt dieses Kunststück, für ihn ist es neben „Fight Club“ wohl DIE Paraderolle.



Sein kleiner Bruder Danny wird von Edward Furlong verkörpert, der ebenfalls sehr gefühlvoll spielt und Danny trotz seiner rassistischen Weltanschauung nicht zu einer negativ belasteten Person macht.
Ansonsten können die Szenen aus der Vergangenheit, die mit starken Schwarz-Weiß-Bildern unterstrichen werden, wirklich überzeugen. Besonders der Beginn oder Dereks Sinneswandel im Gefängnis sind sehr gelungene Szenen.
Jedoch kommt der Film nicht ohne Kitsch aus, und davon gibt es leider eine Menge. Viele Szenen, bei denen es gar nicht nötig war, sind mit tragischer Orchestermusik unterlegt, die hier leider nicht besonders gepasst haben. Außerdem bin ich mir nicht ganz sicher, was der Film mir mit seinen Thesen sagen möchte. Erst wird gesagt, dass Schwarze gar nicht so sind, wie man denkt, dass sie den Weißen gleichgestellt sind. Und dann kommt dieses Ende? Inwiefern passt das zusammen? Dann wird ja die Aussage des Films wieder relativiert, soweit ich das verstanden habe.

Außerdem ging mir der Sinneswandel von Danny einfach etwas zu schnell. Erst ist er jahrelang Teil dieser Szene und teilt ihre Überzeugungen, und nach einem kurzen Gespräch mit Derek ist alles vergessen? Zudem wurde beim Ende etwas zu dick aufgetragen.
Trotz der eben genannten Schwächen ist „American History X“ ein sehr starker Film, besonders wegen seinen Hauptdarstellern und der Atmosphäre, die zwar von Hass erfüllt, aber gleichzeitig sehr stark ist.

 
Originaltitel: American History X
Erscheinungsjahr: 1998
Regisseur: Tony Kaye
Darsteller: Edward Norton, Edward Furlong
Laufzeit: 118 Minuten
Originalsprache: Englisch
Altersfreigabe: FSK 16