Sonntag, 2. November 2014

Like Father, like Son [2013]


Man stelle sich folgendes Szenario vor: Man bildet eine nette kleine Familie, Vater, Mutter und Sohn. Und plötzlich erfährt man, dass sein Kind bei der Geburt vertauscht wurde und man die letzten Jahre einen Jungen als Sohn bezeichnet hat, der gar nicht die Gene seiner Eltern in sich trägt. Und dass man sich dem biologischen Sohn völlig fremd fühlt und man versucht, in seinen Gesichtszügen Merkmale von den eigenen zu suchen. Und was soll man nun machen? Den Sohn, dem man sechs Jahre lang seine Liebe geschenkt hat, einfach aufgeben und stattdessen den leiblichen, aber fremden Sohn zu sich nehmen? 

Der japanische Film "Like Father, like Son" beschäftigt sich mit dieser Frage und hinterfragt gleichzeitig traditionelle Wertvorstellungen. So ist Keitas Ziehvater Ryota ein unterkühlter Mann, der wenig Zeit zuhause verbringt und nicht weiß, wie er seinem Sohn seine Liebe zeigen soll. Auch mit seinem biologischen Sohn Ryusei kann er nicht umgehen und stürzt sich in die Arbeit. Der biologische Vater von Keita und Ziehvater von Ryusei ist das krasse Gegenteil von Ryota, der einen mäßig erfolgreichen Laden führt und dafür in seiner Vaterrolle voll aufgeht und so viel Zeit wie möglich mit seinen drei Kindern führt. Als der Tausch besiegelt ist, wirkt Keita glücklich mit seinen neuen Geschwistern, während Ryusei, der nun in einer sterilen Stadtwohnung lebt und kaum Liebe von seinem biologischen Vater erfährt, Reißaus nimmt und zurück zu seinen Zieheltern fährt. 

Die Standesunterschiede zwischen den beiden Familien und ihre unterschiedlichen Ansichten sorgen natürlich regelmäßig für Reibungspunkte. Ryota ist Architekt und wohlhabend, während Yudai in seinen Augen ein Versager ist, weil die Arbeit nicht alles für ihn ist und er lieber Zeit mit seinen Kindern verbringt. Ryota versucht sogar, beide Söhne zu adoptieren und beweist damit bemerkenswert wenig Gespür für Gefühle anderer und wird zu Recht barsch zurückgewiesen. Lange verfolgt ihn auch die Aussage seines Vaters, dass Blutsverwandtschaft wichtiger sei als emotionale Bindungen. Am Schluss wird ihm natürlich bewusst, dass der kleine Keita ihn liebt und beschließt, ihm ein besserer Vater zu sein. Welches Kind von nun an wo leben wird, bleibt aber offen.

"Like Father, like Son" hat mich eiskalt überrascht. In Totalen präsentiert Hirokazu Koreeda ein eindrucksvolles, stilles Drama und lebt von den Bildern, die gekonnt durch ruhige Klavierklänge untermalt wurden. Ja, dieser Film dürfte wohl einer der wichtigsten Filme des letzten Jahres, der ein Thema behandelt, das viel zu selten zu Wort kommen darf.